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Soldat, Bruder, Zauberer
Morgan Rice


FГјr Ruhm und Krone #5
Morgan Rice hat eine brillante neue Fantasy-Serie geschaffen, die uns in das Reich von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird.. Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen. Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Aufstand der Drachen) Nach dem ersten Buch SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN ist SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER das fünfte Buch der Bestseller Fantasy-Reihe FÜR RUHM UND KRONE von Morgan Rice. Die siebzehnjährige Ceres, ein schönes wenn auch armes Mädchen aus der Reichsstadt Delos, hat die Schlacht um Delos gewonnen – doch ein vollständiger Sieg steht noch aus. Während die Rebellion zu ihr als neue Anführerin aufblickt, muss Ceres einen Weg finden, das Königshaus zu stürzen und Delos vor dem bevorstehenden Angriff durch eine Armee unvorstellbarer Größe zu schützen. Sie muss versuchen, Thanos vor seiner Hinrichtung zu retten und seinen Namen vom Mord an seinem Vater reinzuwaschen. Thanos ist entschlossen Lucious auf dem Meer zu schnappen, den Mord an seinem Vater zu sühnen und seinen Bruder zu töten bevor dieser mit einer Armee an die Ufer von Delos zurückkehren kann. Er weiß, dass es eine heimtückische Reise in feindliches Gebiet werden wird und dass er mit dem Leben dafür bezahlen muss. Aber er ist fest entschlossen, sich für sein Land zu opfern. Doch nicht alles läuft nach Plan. Stephania reist in ferne Lande, um den Zauberer zu finden, der Ceres’ Kräften ein für alle Mal ein Ende setzen kann. Sie ist gewillt, einen Verrat zu begehen, der Ceres töten und sie selbst – und ihr ungeborenes Kind – zum Herrscher des Reichs machen wird. SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER erzählt die epische Geschichte von tragischer Liebe, Rache, Verrat, Ehrgeiz und Schicksal. Dank seiner unvergesslichen Charaktere und der nervenzerreißenden Action entführt uns auch dieser Band in eine Welt, die wir nie wieder vergessen werden und durch die wir uns wieder neu in das Fantasy-Genre verlieben werden. Eine mit Spannung geladene Fantasy die mit Sicherheit Fans früherer Morgan Rice Romane sowie des Vermächtnis-Zyklus von Christopher Paolini gefallen wird. Anhänger der Jugendliteratur werden dieses neuste Werk von Rice verschlingen und nach mehr verlangen. The Wanderer, A Literary Journal (in Bezug auf Der Aufstand der Drachen) Buch 6 aus der FÜR RUHM UND KRONE Reihe erscheint bald!







SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER



(FГњR RUHM UND KRONE -- BUCH 5)



MORGAN RICE


Morgan Rice



Als Autorin von Fantasy-Epen wie der siebzehn-bändigen Reihe DER RING DER ZAUBEREI; der zwölf-bändigen Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE; der bisher zwei-bändigen post-apokalyptischen Bestseller Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS; der sechs-bändigen epischen Fantasy Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN und dem neuen Fantasy-Epos Serie FÜR RUHM UND KRONE gehört Morgan Rice zu den Bestsellern in ihrem Genre. Morgans Bücher sind als Hör- und Printbücher in mehr als 25 Sprachen erhältlich.

Morgan würde sich freuen von Ihnen zu hören. Besuchen Sie deshalb gerne ihre Homepage www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com) und registrieren Sie sich für ihre E-Mail-Liste. Sie erhalten dafür ein kostenloses Buch und Extra. Downloaden Sie auch die kostenlose App und erhalten Sie die neusten Neuigkeiten über Facebook und Twitter!


Ausgewählte Kritiken zu Morgan Rice



„Wenn Sie geglaubt haben nach dem Ende von DER RING DER ZAUBEREI nicht weiterleben zu kГ¶nnen, dann haben Sie sich geirrt. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN hat Morgan Rice eine brillante neue Serie geschaffen, die uns in das Reich von Trollen und Drachen, von Ehre, Mut und Magie entfГјhren wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird... Eine Empfehlung fГјr alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schГ¤tzen wissen.“

--Books and Movie Reviews

Roberto Mattos



„Ein Action-geladenes Fantasy Abenteuer das nicht nur allen Morgan Rice Fans gefallen wird sondern auch AnhГ¤ngern von Christopher Paolinis DAS VERMГ„CHTNIS DER DRACHENREITER... Fans von Fiction fГјr Jugendliche werden dieses Werk von Rice verschlingen und um eine Fortsetzung betteln.“

--The Wanderer, A Literary Journal (bezugnehmend auf Der Aufstand der Drachen)



„Ein lebhaftes Fantasy-Abenteuer das auch durch seine mysteriГ¶sen Elemente und sein Intrigenspiel besticht. In QUESTE DER HELDEN geht es um Mut und darum einen Sinn im Leben zu finden. Die Helden und Heldinnen reifen, wachsen Гјber sich hinaus und leisten dabei AuГџergewГ¶hnliches... Alle die ein bissiges Fantasy-Abenteuer suchen, werden bei diesen Protagonisten und dieser Action fГјndig werden. Vor einer lebhaften Kulisse wГ¤chst das vertrГ¤umte Kind Thor zu einem jungen Erwachsenen heran, das es mit lebensbedrohlichen Herausforderungen aufnehmen muss... Dieser Band verspricht der Anfang einer epischen Serie fГјr Jugendliche zu werden.“

--Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)



„DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten fГјr einen Bestseller: die Handlung, die Gegenhandlung, viel Geheimnisvolles, wackere Ritter und sich entfaltende Beziehungen voll von Herzschmerz, Betrug und TГ¤uschung. Es wird Ihnen sicherlich keine Minute langweilig sein. FГјr jedes Alter geeignet, darf es in keiner Fantasy-Buchsammlung fehlen.”

--Books and Movie Reviews, Roberto Mattos



„In diesem Action-geladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Reihe Der Ring der Zauberei – die momentan 14 BГ¤nde umfasst – stellt Rice ihren Lesern den 14-jГ¤hrigen Thorgin „Thor“ McLeod vor, dessen Traum es ist in die silberne Legion – der Eliteritter-Einheit des KГ¶nigs – aufgenommen zu werden... Rices Schreibstil ist solide und ihre Handlung faszinierend.“

--Publishers Weekly


Weitere Morgan Rice BГјcher



DER WEG DES STAHLS

EHRE WEM EHRE GEBГњHRT (Buch 1)



FГњR RUHM UND KRONE

SLAVIN, KRIEGERIN, KГ–NIGIN (Buch 1)

SCHURKIN, GEFANGENE, PRINZESSIN (Buch 2)

RITTER, THRONFOLGER, PRINZ (Buch 3)

REBELL, SCHACHFIGUR, KГ–NIG (Buch 4)

SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER (Buch 5)



VON KГ–NIGEN UND ZAUBERERN

DER AUFSTAND DER DRACHEN (Buch 1)

DER AUFSTAND DER TAPFEREN (Buch 2)

DAS GEWICHT DER EHRE (Buch 3)

DIE SCHMIEDE DES MUTS (Buch 4)

EIN REICH DER SCHATTEN (Buch 5)

DIE NACHT DER VERWEGENEN (Buch 6)



DER RING DER ZAUBEREI

QUESTE DER HELDEN (Buch 1)

MARSCH DER KГ–NIGE (Buch 2)

FESTMAHL DER DRACHEN (Buch 3)

KAMPF DER EHRE (Buch 4)

SCHWUR DES RUHMS (Buch 5)

ANGRIFF DER TAPFERKEIT (Buch 6)

RITUS DER SCHWERTER (Buch 7)

GEWГ„HR DER WAFFEN (Buch 8)

HIMMEL DER ZAUBER (Buch 9)

MEER DER SCHILDE (Buch 10)

REGENTSCHAFT DES STAHLS (Buch 11)

LAND DES FEUERS (Buch 12)

DIE HERRSCHAFT DER KГ–NIGINNEN (Buch 13)

DER EID DER BRГњDER (Buch 14)

DER TRAUM DER STERBLICHEN (Buch 15)

DAS TOURNIER DER RITTER (Buch 16)

DAS GESCHENK DER SCHLACHT (Buch 17)



DIE TRILOGIE DES ГњBERLEBENS

ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (Buch 1)

ARENA ZWEI (Buch 2)

ARENA DREI (Buch 3)



GEFALLENE VAMPIRE

VOR DEM MORGENGRAUEN (Buch 1)



DER WEG DER VAMPIRE

GEWANDELT (Buch 1)

VERGГ–TTERT (Buch 2)

VERRATEN (Buch 3)

BESTIMMT (Buch 4)

BEGEHRT (Buch 5)

VERMГ„HLT (Buch 6)

GELOBT (Buch 7)

GEFUNDEN (Buch 8)

ERWECKT (Buch 9)

ERSEHNT (Buch 10)

BERUFEN (Buch 11)

BESESSEN (Buch 12)











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Hören Sie die DER RING DER ZAUBEREI

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Audible (http://www.audible.com/pd/Sci-Fi-Fantasy/A-Quest-of-Heroes-Audiobook/B00F9DZV3Y/ref=sr_1_3?qid=1379619215&sr=1-3)

iTunes (https://itunes.apple.com/us/audiobook/quest-heroes-book-1-in-sorcerers/id710447409)


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Copyright © 2017 durch Morgan Rice. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie gemäß unter dem US Urheberrecht von 1976 ausdrücklich gestattet, darf kein Teil dieser Veröffentlichung auf irgendwelche Weise oder in irgendeiner Form sei es elektronisch oder mechanisch kopiert, reproduziert, verteilt oder angezeigt werden ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Autoren eingeholt zu haben. Dieses Ebook ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Dieses Ebook darf kein zweites Mal verkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch an andere Personen weitergeben wollen, so erwerben Sie bitte für jeden Rezipienten ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen ohne es käuflich erworben zu haben oder es nicht für Ihren alleinigen Gebrauch erworben wurde, so geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie Ihr eigenes Exemplar. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Es handelt sich um eine fiktive Handlung. Namen, Charaktere, Geschäftsangelegenheiten, Organisationen, Orte, Ereignisse und Zwischenfälle entspringen der Fantasie der Autorin oder werden fiktional benutzt. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen, ob tot oder lebendig, sind zufälliger Natur. Die Bildrechte des Bildbandes liegen bei Ralf Juergen Kraft und werden unter der Lizenz istock.com verwendet.


INHALTSVERZEICHNIS



KAPITEL EINS (#u11e3437e-271b-5b79-86a9-971ceb7f7282)

KAPITEL ZWEI (#uc0552e67-afa2-50d0-8090-abda07659fbe)

KAPITEL DREI (#ud811d4e5-aab6-57d7-80bf-bed3a25b26dc)

KAPITEL VIER (#u8260e3f9-3560-57f9-97b2-d135eac85c5e)

KAPITEL FГњNF (#u1a2481c9-6cf2-5571-b91b-ae520df774ee)

KAPITEL SECHS (#u8f5ffb7b-4a9c-5a93-8421-0d201c48ebab)

KAPITEL SIEBEN (#ufda8b434-111b-5577-8723-3e89ea565011)

KAPITEL ACHT (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ELF (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWГ–LF (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL VIERZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL FГњNFZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL SECHSZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL SIEBZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ACHTZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUNZEHN (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL EINUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL DREIUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL VIERUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL FГњNFUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG (#litres_trial_promo)




KAPITEL EINS


Dass er überhaupt aufwachte, überraschte Thanos. Nach allem, was die Königin gesagt hatte, bevor die Soldaten ihn bewusstlos geschlagen hatten, war er davon ausgegangen, dass sie ihm einfach den Hals durchschneiden würden.

Er war sich nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte, dass sie ihre Meinung geändert hatten.

Er musste bereits zuvor das Bewusstsein verloren haben, denn noch immer klebte das Blut an ihm, das den Boden der Gemächer seines Vaters bedeckt hatte. Er erinnerte sich daran, wie er seinen Vater in den Armen gehalten hatte, den einst großen Mann so zerbrechlich wie ein Kind. In seinen Träumen waren seine Hände mit Blut befleckt gewesen.

Er blinzelte und die Sonne verriet ihm, dass er nicht länger träumte. Doch das Blut war noch immer da. Seine Hände waren noch immer blutverklebt, nur dass Thanos nicht mehr wusste, wie viel davon sein eigenes war. Er konnte spüren, wie kaltes Eisen gegen seinen Körper drückte, doch fühlte es sich nicht wie Ketten an.

Thanos konnte sich nicht recht besinnen. Er fragte sich, wie sehr sie ihn geschlagen haben mussten, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte. Sie zogen ihn hinab zu dem Augenblick, in dem er hilflos mit hatte ansehen mГјssen, wie sein Vater seinen letzten Atem aushauchte.

„Du wirst die Wahrheit ans Licht bringen mГјssen, die ganze Wahrheit.“

Diese Worte hatten seinen Vater so viel Kraft gekostet. In jenem Moment war es ihm so wichtig gewesen, dass Thanos als des Königs Sohn anerkannt würde. Vielleicht sah er darin einen Weg, den Schaden, den er in seinem Leben angerichtet hatte, wieder ein Stück weit gut zu machen. Vielleicht hatte er aber auch nur geahnt, welchen Schaden Lucious anrichten würde, wenn er an die Macht käme.

Thanos ächzte unter diesen Gedanken. Seine Träume wurden von Sonnenlicht geflutet während sein schmerzender Körper sie weiter zurückdrängte. Doch die Stimme seines Vaters hörte er noch immer.

„Felldust. Du wirst die Antworten, nach denen du suchst, in Felldust finden. Sie hat sich auf den Weg dorthin gemacht, nachdem ich – “

Selbst in seinen Träumen war dieser Satz unter dem leeren Starren seines Vaters Augen unvollendet geblieben. Er hatte nur den Namen eines Ortes, den Hinweis auf eine Reise, die ihm Aufklärung bringen würde.

Falls er lange genug lebte, um sie auch anzutreten.

Er kam wieder zu Bewusstsein und mit ihm das volle Ausmaß körperlicher Schmerzen. Thanos hatte das Gefühl, dass jeder Teil seines Körpers bis ins Mark misshandelt worden war. Er konnte kaum den Kopf heben, denn er würde ihm zerspringen, sollte er es auch nur versuchen. Er wusste aus Erfahrung, wie sich gebrochene Rippen anfühlten und gerade fühlten sich zu viele Stellen seines Körpers genau so an.

Die Wachen hatten sich nicht zurГјckgehalten, auch wenn sie gewusst hatten, wer er war. Vielmehr hatten sie genau deshalb noch fester zugeschlagen, entweder angetrieben durch das AusmaГџ seines angeblichen Verrats, oder weil sie zeigen wollten, dass sie nicht auf der Seite ihres Rebellenprinzen standen.

Thanos gelang es, sich aufzurichten und sich umzublicken. Die Welt um ihn schien sich zu drehen, während er das versuchte. Für einen Augenblick dachte er, dies wäre eine List seiner Schmerzen, Schwindel hervorgerufen durch die Hiebe gegen seinen Kopf. Dann erkannte er jedoch, dass er sich tatsächlich bewegte. Die vertikalen Eisenstäbe waren ein ständiger Bezugspunkt während seine Bewegung den Rest der Welt ins Wanken brachte.

„Der Galgen“, murmelte Thanos und die Worte schienen ihm im Hals stecken bleiben zu wollen. „Sie haben mich an einen Galgen gehangen.“

Ein zweiter Blick bestätigte seine Vermutung. Er saß in einer überdimensionierten Variante eines Käfigs, in dem sonst auch eine verwöhnte Adlige einen Vogel hätte halten können. Thanos’ Beine steckten zwischen den Stäben und waren doch dank der kurzen Kette, mit der man den Käfig an dem Pfosten angebracht hatte, noch weit entfernt vom Boden.

Der Käfig befand sich in einem kleinen von Mauern umgebenen Hof. Hier würden sich Adlige vielleicht zu Unterhaltungszwecken treffen oder Bedienstete, um unliebsame Aufgaben zu erfüllen. In den kleinen, in das Pflaster eingelassenen Kanälen, konnte Blut oder Schlimmeres weggespült werden.

In einer Ecke errichteten Wachen ein Galgenpodest und wГјrdigten Thanos nicht eines Blickes. Sie bauten also auch keine Richtbank zum Zwecke einer Enthauptung.

Thanos überkam die Wut und er umklammerte die Stäbe. Er würde nicht wie ein Biest in diesem Käfig sitzen und seiner Schlachtung entgegensehen. Er würde nicht herumsitzen während Männer sich bereitmachen, ihn für etwas hinzurichten, das er nicht getan hatte.

Er rüttelte mit aller Kraft an den Stäben, doch sie waren zu stark. Das Schloss seiner Tür wurde von einer Kette verriegelt, dessen Glieder so dick waren, wie Thanos’ Daumen. Er prüfte sie, doch er fand keine Schwachstelle. Der Galgen, an dem sein Käfig baumelte, ließ ihm keine Fluchtmöglichkeit.

„Hey! HГ¤nde weg!“ schrie einer der WГ¤chter und hieb mit einem Stock nach Thanos’ KnГ¶cheln. Schmerz durchflutete ihn, wГ¤hrend er versuchte, dem Drang laut aufzuschreien zu widerstehen.

„Du kannst so stark tun, wie du willst“, sagte der WГ¤chter mit hasserfГјlltem Blick. „Wenn wir mit dir fertig sind, dann wirst du schreien.“

„Ich bin noch immer Teil des KГ¶nigshauses“, sagte Thanos. „Ich habe das Recht auf einen Prozess vor den Adligen des Reiches und ein Recht, die Art meiner Exekution zu wГ¤hlen.“

Dieses Mal zischte der Stock gegen die Stangen nur eine Handbreit von seinem Gesicht entfernt.

„KГ¶nigsmГ¶rder kriegen, was auch immer fГјr sie entschieden wurde“, zischte der WГ¤chter zurГјck. „Kein schneller Axthieb fГјr dich, VerrГ¤ter!“

Thanos konnte die Wut darin sehen. Echte Wut über etwas, das einem persönlichen Verrat gleichkam. Das konnte Thanos verstehen. Vielleicht bedeutete dies, dass dieser Mann einmal ein guter Mensch gewesen war.

„Du hast geglaubt, dass sich die Dinge Г¤ndern kГ¶nnten, nicht wahr?“ vermutete Thanos. Das war ein groГџes Risiko, aber ihm blieb nichts anderes Гјbrig, wenn er seine Unschuld beweisen wollte.

„Ich dachte, dass Ihr die Dinge besser machen wГјrdet“, gab der andere Mann zu. „Doch dann hat sich herausgestellt, dass Ihr mit der Rebellion zusammengearbeitet habt, um den KГ¶nig zu tГ¶ten!“

„Ich habe ihn nicht getГ¶tet“, sagte Thanos. „Aber ich weiГџ, wer es getan hat. Hilf mir hier raus und – “

Dieses Mal traf der Stock seine verletzte Rippenpartie und als der Wächter für einen weiteren Hieb ausholte, suchte Thanos nach einer Möglichkeit sich schützend zurückzuziehen. Aber er konnte nirgendwo hin.

Doch der Schlag erreichte nicht sein Ziel. Thanos sah, wie der Wächter innehielt, seinen Stock senkte und dann eine tiefe Verbeugung machte. Thanos versuchte, sich umzudrehen, um ausmachen zu können, was dort vor sich ging. Doch das führte dazu, dass sein Käfig sich zu drehen begann.

Als er wieder zum Stillstand kam, stand König Athena bereits vor ihm. Sie trug trauerschwarz und sah aus als wäre sie diejenige, die ihn nun hinrichten würde. Wachen hatten sich um sie gescharrt, als befürchteten sie, dass Thanos der Stäbe seines Käfigs zum Trotz einen Weg finden würde, sie zu töten, so wie er einen Weg gefunden hatte, den König zu töten.

„Warum hГ¤ngt er hier?“ fragte KГ¶nigin Athena. „Ich dachte, ich hГ¤tte euch gesagt, dass ihr ihn einfach hinrichten solltet.“

„Verzeiht MajestГ¤t“, sagte einer der Wachen, „aber er war noch nicht bei Bewusstsein und es braucht ein wenig Zeit, um eine HinrichtungsstГ¤tte zu errichten, die dieses VerrГ¤ters wГјrdig ist.“

„Was habt ihr vor?“ fragte die KГ¶nigin.

„Wir wollten ihn halb aufhГ¤ngen, ihm seine Eingeweide entnehmen und ihn zum Schluss auf das Rad spannen. Wir konnten ihn, nach allem was er getan hat, nicht einfach schnell tГ¶ten.“

Thanos sah, wie die KГ¶nigin kurz nachdachte und dann nickte. „Vielleicht habt ihr Recht. Hat er sein Verbrechen Гјberhaupt schon gestanden?“

„Nein, Eure MajestГ¤t. Er behauptet sogar, dass er es nicht getan hat.“

Thanos sah, wie die KГ¶nigin ihren Kopf schГјttelte. „Dummheit. Er wurde Гјber die Leiche meines Mannes gebeugt vorgefunden. Ich will mit ihm alleine sprechen.“

„Eure MajestГ¤t, seid Ihr euch ganz – “

„Allein, habe ich gesagt.“ Das bГ¶se Funkeln der KГ¶nigin genГјgte, dass selbst Thanos fГјr einen Augenblick Mitleid mit dem Mann hatte. „Er sitzt sicher in diesem KГ¤fig. Setzt eure Arbeit an dem Galgen schleunigst fort. Ich will den Mann, der meinen Mann getГ¶tet hat, tot sehen!“

Thanos sah, wie sich die Wachen von ihm und der Königin entfernten. Sie waren mit Sicherheit außer Hörweite. Thanos hatte keinen Zweifel, dass dies so gewollt war.

„Ich habe den KГ¶nig nicht getГ¶tet“, beharrte Thanos, auch wenn er davon ausging, dass das nichts an seiner Situation Г¤ndern wГјrde. Wer wГјrde ihm ohne Beweise schon glauben? Und erst recht nicht die KГ¶nigin, die ihn noch nie hatte leiden kГ¶nnen.

Der Ausdruck im Gesicht der Königin erstarrte für einen Augenblick. Thanos sah, wie sie sich schon beinahe verstohlen umblickte, so als wäre sie besorgt, dass jemand sie belauschte. In diesem Moment verstand Thanos.

„Ihr wisst es bereits, oder?“ sagte Thanos. „Ihr wisst, dass ich es nicht war.“

„Woher sollte ich so etwas wissen?“ fragte KГ¶nigin Athena, doch etwas in ihrer Stimme verriet sie. „Du wurdest mit dem Blut meines geliebten Mannes an deinen HГ¤nden ertappt. Du standest Гјber seine Leiche gebeugt.“

„Geliebt“, wiederholte Thanos. „Ihr habt den KГ¶nig aus politischen GrГјnden geheiratet.“

Thanos sah, wie die KГ¶nigin ihre HГ¤nde an ihr Herz hob. „Und das heiГџt, dass wir einander nicht auch lieben konnten?“

Thanos schГјttelte seinen Kopf. „Ihr habt meinen Vater nie geliebt. Ihr liebt nichts als die Macht, die euch eure Rolle als Gattin des KГ¶nigs eingebracht hat.“

„Deines Vaters?“ sagte KГ¶nig Athena. „Mir dГјnkt, du hast mehr herausgefunden als du solltest, Thanos. Claudius hat viel auf sich genommen, um das zu verheimlichen. Allein deshalb solltest du hingerichtet werden.“

„Und fГјr etwas, das Lucious getan hat“, schoss Thanos zurГјck.

„Ja, fГјr etwas das Lucious getan hat“, antwortete KГ¶nigin Athena und Г„rger trat in ihr Gesicht. „Glaubst du etwa, du kГ¶nntest mir etwas Гјber meinen Sohn sagen, dass mich schockieren wГјrde? Selbst das. Er bleibt mein Sohn!“

Thanos konnte die verteidigende Haltung darin hören, beinhart und unerschütterlich. In diesem Moment musste er an das Kind denken, das er niemals mit Stephania haben würde und daran, wie er seinen Sohn oder seine Tochter in Schutz genommen hätte. Er wollte glauben, dass er sein Kind in jeder Situation verteidigt hätte, doch ein Blick auf Königin Athena verriet ihm, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Es gab Grenzen, jenseits derer sich auch Eltern nicht mehr vor ihr Kind stellen durften.

„Was ist mit den anderen?“ erwiderte Thanos. „Was werden sie tun, wenn sie es herausfinden?“

„Wie sollten sie es herausfinden?“ fragte KГ¶nigin Athena. „Wirst du es ihnen gleich zurufen? Versuch es. Lass alle wissen, dass der VerrГ¤ter in dem KГ¤fig, der Гјber seinem ermordeten Vater stehend aufgefunden wurde, behauptet, dass eigentlich sein Bruder die Tat begangen hat. Glaubst du wirklich, dass dir irgendjemand glauben wird?“

Thanos kannte bereits die Antwort darauf. Die Tatsache, dass er hier festsaß, sprach für sich. Für jeden, der im Reich Macht besaß, war er bereits ein Verräter. Außerdem hatte er sich ins Schloss geschlichen. Nein, wenn er versuchte ihnen die Wahrheit zu sagen, würden sie ihm nicht glauben.

Er wusste, dass, wenn ihm die Flucht nicht gelänge, er hier sterben würde. Er würde sterben und Lucious würde König. Was danach geschähe, wäre ein Alptraum. Er musste einen Weg finden, es aufzuhalten.

Sicher konnte auch Königin Athena sehen, wie schlimm es werden würde. Er musste es ihr nur ins Bewusstsein rufen.

„Was glaubt Ihr wird geschehen, wenn Lucious KГ¶nig wird?“ fragte Thanos. „Was glaubt Ihr, wird er tun?“

Er sah, wie ein LГ¤cheln auf Athenas Gesicht trat. „Ich denke, er wird tun, was seine Mutter ihm rГ¤t. Lucious hatte nie viel Geduld fГјr die... mГјhseligen Details seiner Rolle. Eigentlich sollte ich dir danken, Thanos. Claudius war zu dumm. Er hat nicht auf mich gehГ¶rt, wenn er es besser hГ¤tte tun sollen. Lucious ist formbarer.“

„Wenn Ihr das glaubt“, sagte Thanos, „dann seid Ihr genauso krank wie er. Ihr habt gesehen, was Lucious fГ¤hig war, seinem Vater anzutun. Glaubt Ihr, dass, nur weil Ihr seine Mutter seid, er euch verschonen wГјrde?“

„Macht ist der einzige sichere Hafen“, antwortete KГ¶nigin Athena. „Du wirst es nicht mehr erleben, was auch immer geschieht. Wenn der Galgen bereit ist, wirst du sterben, Thanos. Lebewohl.“

Sie drehte sich um und ging. Thanos konnte nur an Lucious denken. An dessen Krönung. Daran wie Thanos das Dorf vor Lucious gerettet hatte. An den Zustand, in dem Lucious gewesen sein muss, als er seinen Vater getötet hat.

Ich werde mich befreien, versprach Thanos sich selbst. Ich werde entkommen und ich werde Lucious töten.




KAPITEL ZWEI


Ceres wurde auf den Schultern der Menge aus dem Stadion in das Sonnenlicht getragen und ihr Herz schwoll Гјber. Sie blickte Гјber das TrГјmmerfeld und wurde von einem Schwall an Emotionen Гјberrollt, der um ihre Aufmerksamkeit buhlte.

Natürlich herrschte Siegesstimmung. Sie hörte den Jubel der aus dem Stadion strömenden Menge. Sie alle liefen bunt durcheinander, die Rebellen von Haylon, die Kampfherren, die letzten Kämpfer aus Lord Wests Einheiten und die Menschen der Stadt.

Erleichterung über den Erfolg ihres verzweifelten Versuchs, die Kampfherren vor Lucious letzten Tötungen zu retten und darüber, dass es nun endgültig vorbei war, machte sich breit.

Doch das war nicht alles. Ceres’ Blick durchforstete die Menge, bis sie ihren Bruder und Vater Arm in Arm in einer Gruppe von Rebellen stehend fand. Sie wollte zu ihnen laufen und sicherstellen, dass es ihnen gut ging, doch die Entschlossenheit der Menge, sie durch die halbe Stadt zu tragen, war zu groß. Sie musste sich damit begnügen, dass sie allem Anschein nach unverletzt geblieben waren. Sie liefen jubelnd mit den anderen umher. Es war kaum zu glauben, dass sie zu jubeln noch im Stande waren. So viele dieser Menschen waren bereit gewesen, für das Ende der Tyrannei des Reichs ihr Leben zu geben. So viele hatten ihr Leben gegeben.

Und schließlich ergriff sie auch noch eine letzte Emotion: Traurigkeit. Traurigkeit, dass all das notwendig gewesen war und dass auf beiden Seiten so viele Menschen hatten sterben müssen. Sie sah die Leichen in den Straßen, in denen es zu Auseinandersetzungen zwischen den Rebellen und Soldaten gekommen war. Die meisten trugen das Rot des Reichs, aber das machte es nicht besser. Viele waren gewöhnliche Menschen gewesen, die gegen ihren Willen rekrutiert worden waren oder Männer, die sich der Armee angeschlossen hatten, um Armut und Joch zu entkommen. Und jetzt lagen sie hier tot auf der Straße und starrten in den Himmel, ohne dass sie jemals wieder etwas sehen würden.

Ceres konnte die Hitze des Bluts auf ihrer Haut spüren. Es trocknete bereits in der Sonne. Wie viele hatte sie heute getötet? Sie hatten irgendwann in der Schlacht zu zählen aufgehört, denn sie hatte weitermachen müssen, weiterkämpfen, denn aufzuhören hätte ihren Tod bedeutet. Sie hatte sich vom Fluss der Schlacht treiben lassen, von seiner Energie, die sich in die Energie in ihr gemischt hatte.

„Sie alle“, sagte Ceres.

Sie hatte sie alle getötet, auch wenn sie es nicht mit ihren eigenen Händen getan hatte. Sie war diejenige gewesen, die die Menschen in den Rängen überzeugt hatte, den Frieden des Reichs nicht hinzunehmen. Sie war diejenige gewesen, die Lord Wests Männer überzeugt hatte, die Stadt anzugreifen. Sie blickte zu den Toten und war entschlossen, sie niemals zu vergessen, niemals zu vergessen, was dieser Sieg gekostet hatte.

Selbst die Stadt wies die Narben der Gewalt auf: zerstörte Türeingänge, die Überreste der Barrikaden. Doch griffen auch Anzeichen von Freude langsam um sich: Menschen traten auf die Straßen, mischten sich unter die Menge, welche die Straßen in ein Menschenmeer verwandelten.

Über den Rufen der Menge konnte sie kaum etwas anderes hören, doch in der Ferne glaubte Ceres die Geräusche fortlaufender Kämpfe wahrzunehmen. Ein Teil von ihr wollte loslaufen und sich darum kümmern, doch ein noch größerer Teil von ihr wollte dieser Gewaltspirale Einhalt gebieten, bevor sie außer Kontrolle geriet. Doch in Wahrheit war sie in diesem Moment zu erschöpft, um etwas zu unternehmen. Es fühlte sich so an, als hätte sie ewig gekämpft. Wenn die Menge sie nicht getragen hätte, dann wäre sie vielleicht zusammengebrochen.

Als die Menge sie schlieГџlich auf dem Hauptplatz absetzte, blickte sich Ceres nach ihrem Bruder und ihrem Vater um. Sie bahnte sich ihren Weg zu ihnen und schaffte es nur, weil die Menschen respekterfГјllt zur Seite traten, um sie durchzulassen.

Ceres umarmte sie beide.

Sie sprachen kein Wort. Ihr Schweigen, ihre Umarmung, das sagte alles. Sie alle hatten es irgendwie als Familie Гјberlebt. Umso schmerzhafter war der Verlust ihres Bruders.

Ceres hätte sich am liebsten nie wieder aus dieser Umarmung gelöst. Lieber wäre sie sicher bei ihrem Bruder und Vater geblieben und hätte die Revolution ihren Gang gehen lassen. Doch als sie mit zwei der für sie wichtigsten Menschen in dieser Welt dort stand, bemerkte sie auch noch etwas anderes.

Die Menschen starrten sie an.

Ceres vermutete, dass dies nach allem was geschehen war, nichts Ungewöhnliches war. Sie hatte den Kampf angeführt und sah unter all dem Blut, dem Dreck und der Erschöpfung wie ein Monster aus irgendeiner Legende aus. Doch starrten sie die Menschen auf eine andere Weise an.

Nein, sie blickten sie an, als würden sie darauf warten, dass man ihnen sagte, was als nächstes zu tun sei.

Ceres sah, wie sich einige Personen ihren Weg durch die Menge bahnten. Sie erkannte Akila unter ihnen, den drahtigen, muskelbepackten Mann, der die letzte Welle an Rebellen angeführt hatte. Die meisten trugen jedoch die Farben von Lord Wests Männern. Mindestens ein Kampfherr, ein großer mit einer Spitzhacke, dem die ihm zugefügten Wunden auf seinem Körper nichts auszumachen schienen, war ebenso unter ihnen.

„Ceres“, sagte Akila, „die verbleibenden Reichssoldaten haben sich entweder ins Schloss zurГјckgezogen oder die Flucht aus der Stadt angetreten. Meine MГ¤nner sind so vielen wie mГ¶glich gefolgt, doch kennen sie die Stadt nicht gut genug und ... nun, es besteht die Gefahr, dass die Leute das falsch verstehen.“

Ceres verstand. Wenn Akilas Männer den fliehenden Soldaten durch Delos nachjagten, dann würde man vielleicht denken, dass sie Invasoren seien. Und auch wenn sie das nicht wären, würde man sie überfallen, erschlagen und erschießen.

Doch war es seltsam, dass sich so viele Menschen für Antworten an sie wendeten. Sie blickte sich um und suchte nach jemandem, der in dieser Situation einen besseren Rat geben konnte als sie. Ceres wollte nicht das Ruder übernehmen, nur weil ihre Blutlinie sie mit Delos’ Uralten verband.

„Wer ist jetzt AnfГјhrer der Rebellion?“ rief Ceres. „Hat irgendeiner der AnfГјhrer Гјberlebt?“

Um sich konnte sie sehen, wie die Menschen die Hände in die Luft warfen und den Kopf schüttelten. Sie wussten es nicht. Natürlich wussten sie es nicht. Sie hatten auch nicht mehr Überblick als Ceres. Ceres wusste jedoch das Entscheidende: Anka war nicht mehr, denn Lucious hatte sie hinrichten lassen. Wahrscheinlich waren auch die meisten anderen Anführer tot. Oder sie versteckten sich.

„Was ist mit Lord Wests Cousin Nyel?“ fragte Ceres.

„Lord Nyel ist nicht mit uns in die Schlacht gezogen“, sagte einer von Lord Wests ehemaligen MГ¤nnern.

„Nein“, sagte Ceres, „das hatte ich vermutet.“

Vielleicht war es besser so. Die Rebellen und Menschen von Delos wären einem Adligen wie Lord West angesichts dessen, was er repräsentierte, mit Vorsicht begegnet, auch wenn er ein tapferer und ehrenvoller Mann gewesen war. Sein Cousin war nicht halb der Mann, der er gewesen war.

Sie fragte gar nicht erst, ob die Kampfherren einen Anführer hatten. Sie waren aus anderem Holz geschnitzt. Ceres hatte jeden von ihnen in den Trainingsgräben des Stadions kennengelernt und sie wusste, dass, auch wenn jeder von ihnen für zwölf normale Männer kämpfen konnte, sie nicht in der Lage waren, so etwas anzuführen.

So blickte sie zu Akila. Er war augenscheinlich ein Anführer und seine Männer folgten klar seinem Beispiel. Doch schien er hier von ihr die Befehle zu erwarten.

Ceres spГјrte die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter.

„Du fragst dich, warum sie auf dich hГ¶ren sollten?“, vermutete er und kam damit der Wahrheit sehr nah.

„Sie sollten mir nicht folgen, nur weil in meinen Adern das Blut der Uralten flieГџt“, wiederholte Ceres leise. „Wer bin ich schon? Wie kГ¶nnte ich sie anfГјhren?“

Sie sah, wie ihr Vater dabei zu lächeln begann.

„Sie wollen dir nicht wegen deiner Ahnen nachfolgen. Wenn es so wГ¤re, dann wГјrden sie sich an Lucious halten.“

Ihr Vater spuckte in den Dreck, als wollte er damit ausdrГјcken, was er von diesem Gedanken hielt.

Sartes nickte.

„Vater hat Recht, Ceres“, sagte er. „Du hast viel fГјr sie getan, deshalb wollen sie dir folgen. Deinetwegen.“

Sie dachte darГјber nach.

„Du kannst sie zusammenhalten“, fГјgte ihr Vater hinzu. „Und zwar jetzt.“

Ceres wusste, dass sie Recht hatten, aber es war noch immer schwer inmitten so vieler Menschen zu stehen und zu wissen, dass sie auf ihre Entscheidung warteten. Was würde geschehen, wenn sie es nicht täte? Was würde, wenn sie einen der anderen zwänge, die Führung zu übernehmen?

Ceres hatte eine leise Ahnung. Sie konnte die Energie der Menge spüren, noch konnte sie in Zaum gehalten werden und doch war sie wie eine schwelende Glut, die sich jeder Zeit zu einem Flächenbrand entzünden konnte. Ohne die Vorgabe einer klaren Richtung würde sie umschlagen und zu Plünderungen der Stadt, zu noch mehr Toten und Zerstörung und vielleicht sogar zu ihrer Niederlage führen, wenn sich die unterschiedlichen Lager in die Haare bekämen.

Nein, das konnte sie nicht zulassen, auch wenn sie unsicher war, was sie ausrichten konnte.

„BrГјder und Schwestern!“ rief sie und zu ihrer Гњberraschung trat augenblicklich ein Schweigen ein.

Jetzt hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller, mehr noch als zuvor.

„Wir haben einen groГџen Sieg davongetragen, wir alle! Ihr alle! Ihr habt dem Reich die Stirn geboten und ihr habt den Todesklauen den Sieg abgerungen!“

Die Menge jubelte und Ceres blickte sich um, lieГџ den Moment auf sich wirken.

„Aber das reicht noch nicht“, fuhr sie fort. „Ja, wir kГ¶nnten jetzt alle nach Hause gehen und wir kГ¶nnten auf das Viele blicken, was wir erreicht haben. Vielleicht wГ¤ren wir auch fГјr einen Moment in Sicherheit. Doch irgendwann wГјrden das Reich und seine Herrscher sich gegen uns und unsere Kinder erheben. Alles wГјrde wieder so werden, wie es einmal war oder sogar schlimmer. Wir mГјssen das hier zu einem endgГјltigen Ende fГјr uns alle fГјhren!“

„Und wie stellen wir das an?“ kam eine Stimme aus der Menge.

„Wir nehmen das Schloss ein“, antwortete Ceres. „Wir nehmen Delos ein, sodass es uns gehГ¶rt. Wir nehmen den Adel gefangen und setzten ihren Grausamkeiten ein Ende. Akila, du bist Гјber das Meer zu uns gekommen?“

„Das stimmt“, sagte der RebellenanfГјhrer.

„Dann geh mit deinen MГ¤nnern zum Hafen und stell sicher, dass wir die Kontrolle Гјber den Hafen haben. Ich will nicht, dass irgendein Adliger entkommt und eine Armee oder Flotte gegen uns mobilisiert.“

Sie sah Akila nicken.

„Das werden wir tun“, versicherte er ihr.

Der zweite Teil war schwieriger.

„Alle anderen, kommt mit mir zum Schloss.“

Sie deutete auf die Festung, die Гјber der Stadt thronte.

„Zu lange schon steht sie als Symbol fГјr die Macht, die sie Гјber uns haben. Heute werden wir sie uns zurГјckholen.“

Sie blickte in die Menge und versuchte, ihre Reaktion abzuschätzen.

„Wenn ihr keine Waffen habt, dann besorgt euch welche. Wenn ihr zu sehr verletzt seid oder nicht mitmachen wollt, dann liegt darin nichts Verwerfliches. Aber wenn ihr euch dazu entschlieГџt, dann werdet ihr sagen kГ¶nnen, dass ihr an dem Tag, an dem Delos seine Freiheit errungen hat, dabei gewesen seid!“

Sie machte eine Pause.

„Menschen von Delos!“ rief sie mit donnernder Stimme. „Seid ihr bereit!?“

Das Brüllen der Menge war ohrenbetäubend.




KAPITEL DREI


Stephania hing an der Reling ihres Boots. Ihre Knöchel waren so weiß wie der Schaum des Ozeans. Die Ozeanreise war alles andere als ein Vergnügen für sie. Allein der Gedanke an die Möglichkeit, so Rache zu nehmen, machte sie ihr erträglich.

Sie gehörte zum Hochadel des Reichs. Wenn sie zuvor auf lange Reise gegangen war, dann hatte sie sich in den fürstlichen Gemächern großer Galeeren befunden oder in gepolsterten Wägen gut bewachter Geleitzüge und nicht eingeengt auf einem Boot, das im Vergleich zu dem gigantischen Ozean winzig wirkte.

Doch es war nicht nur der fehlende Komfort, der es schwierig machte. Stephania rühmte sich damit, taffer zu sein, als die Leute es ihr zutrauten. Sie würde sich nicht beschweren, nur weil der leckende Kahn bei jeder Welle umhergeworfen wurde oder weil ihr die eintönige Kost aus Fisch und getrocknetem Fleisch missfiel. Sie würde sich nicht einmal über den Gestank beschweren. Unter normalen Umständen hätte Stephania ihr bestes Lächeln aufgelegt und sich mit der Situation abgefunden.

Doch ihre Schwangerschaft erschwerte das. Stephania hatte das Gefühl, dass sie das Kind in ihr jetzt wachsen fühlen konnte. Thanos’ Kind. Ihre perfekte Waffe gegen ihn. Ihre Waffe. Es war etwas, das sie kaum hatte glauben können, als sie es erfahren hatte. Doch jetzt, da ihre Schwangerschaft ihre Übelkeit noch verschlimmerte und das Essen noch widerwärtiger machte, schien sie nur zu real.

Stephania beobachtete Felene, die sich am vorderen Teil des Boots zusammen mit Elethe, Stephanias Zofe, zu schaffen machte. Die beiden hätten nicht gegensätzlicher sein können. Die Matrosin, Diebin und was auch immer diese Person in ihrer Kniehose und Tunika mit ihrem im Rücken geflochtenen Zopf war neben der Zofe in ihrem Seidenkleid und dem Mantel, ihrem kurzen Haar, das ihre dunklen Züge einrahmte und ihr eine Eleganz verlieh, von der die andere Frau nur träumen konnte.

Felene schien bestens gelaunt und sang ein altes Matrosenlied, das so vulgär war, dass Stephania überzeugt war, dass sie es absichtlich sang, um sie zu reizen. Vielleicht entsprach das jedoch auch nur Felenes Art, jemanden zu umgarnen. Sie hatte einige Blicke eingefangen, die die Diebin ihrer Zofe zugeworfen hatte.

Und auch ihr. Das war jedoch immer noch besser als ihre misstrauischen Blicke. Diese waren zu Beginn selten gewesen, doch hatten sie mit der Zeit zugenommen, und Stephania konnte auch vermuten, warum. Die Nachricht, die sie Thanos hatte mitteilen lassen, hatte besagt, dass sie Lucious’ Gift geschluckt hatte. Damals war es der beste Weg gewesen, Thanos zu verletzen, doch jetzt bedeutete es, dass sie die Zeichen ihrer Schwangerschaft, die entschlossen war, sich zu erkennen zu geben, verstecken musste. Selbst ohne die fast konstant anhaltende Übelkeit, konnte Stephania spüren, wie sie sich langsam in einen Wal verwandelte und ihre Kleider jeden Tag enger wurden.

Das würde sie nicht ewig verstecken können, was bedeutete, dass sie Thanos’ Schoßhund irgendwann würde töten müssen. Vielleicht sogar gleich. Sie musste nur zu der anderen Frau gehen und sie über den Bug ihres Bootes schubsen. Oder sie konnte ihr etwas von ihrem Wasser anbieten. Ihrer überstürzten Abreise zum Trotz hatte Stephania dennoch genug Giftmischungen mitnehmen können, um eine ganze Legion von möglichen Feinden auszulöschen.

Sie könnte es auch ihrer Zofe überlassen. Elethe konnte schließlich gut mit Messern umgehen, doch dann hatte sie sie wiederum als Gefangene der Matrosin vorgefunden, als sie an der Anlegestelle angekommen war. Das wäre vielleicht also nicht die beste Idee.

Diese Einsicht lieГџ Stephania innehalten. Das war etwas, das sie nicht falsch angehen durfte. Sie hatte nur eine Chance. So weit von anderen Mitteln und Wegen entfernt, konnte ein Versagen ihren stillen Abgang bedeuten. Es wГјrde ihren Tod bedeuten.

Sie waren auf jeden Fall noch zu weit vom Festland entfernt. Stephania konnte das Boot nicht steuern, und auch wenn sich ihre Zofe in den Landen von Felldust auskannte, so würde sie sie gewiss nicht sicher über den Ozean und zu dem richtigen Stückchen Land bringen können. Stephania war auf der Suche nach etwas bestimmten, und sie würde es nur finden, wenn sie zu dem Land, das nun seit Generationen ein Verbündeter des Reichs war, gelangen würde.

Stephania trat zu den anderen, und für einen Augenblick dachte sie darüber nach, Felene trotzdem über Bord zu werfen, einfach weil sie gegenüber Thanos überraschend loyal erschien. Das war nichts, das Stephania von einer bekennenden Diebin erwartet hätte. Das hieß auch, dass Bestechung in diesem Fall keine Option darstellte und ihr nur gewaltsame Mittel blieben.

Doch als Felene sich zu ihr drehte, zwang sich Stephania zu einem Lächeln.

„Wie weit ist es noch?“ fragte sie.

Felene machte mit ihren HГ¤nden eine abwГ¤gende Bewegung so als sei sie ein HГ¤ndler. „Ein Tag oder zwei vielleicht. Das hГ¤ngt vom Wind ab. Behagt Euch meine Gegenwart schon nicht mehr, Prinzessin?“

„Nun“, sagte Stephania, „du bist so vulgГ¤r, herablassend, selbstherrlich und fast frГ¶hlich im Bezug auf dein Dasein als Kriminelle.“

„Und das sind nur wenige meiner hervorragenden Eigenschaften“, sagte Felene mit einem Lachen. „Trotzdem werde ich Euch ohne Probleme nach Felldust bringen. Habt Ihr darГјber nachgedacht, was Ihr dort tun wollt? Wollt Ihr vielleicht Freunde vom Hof fragen, Euch bei der Suche nach diesem Zauberer zu helfen? Wisst Ihr, wo Ihr ihn suchen mГјsst?“

„Dort, wo die sinkende Sonne die Gebeine der Steintoten trifft“, sagte Stephania, sich an die Anweisungen der Alten Hara erinnernd. Stephania hatte fГјr diese Anweisungen mit dem Leben einer ihrer Zofen bezahlt. Das schienen sie kaum wert gewesen zu sein.

„Ja diese Art von Anweisung kommt mir bekannt vor“, sagte Felene mit einem Seufzer. „Glaubt mir, ich habe ein paar beachtliche Dinge in meinem Leben gestohlen und die Anweisungen sind selten eindeutig. Keine StraГџennamen oder jemand, der dir sagt, die dritte TГјr links zu nehmen. Zauberer und Hexen sind am schlimmsten. Es Гјberrascht mich, dass eine Adlige wie Ihr es seid, sich auf so etwas einlГ¤sst.“

Das lag daran, dass die Matrosin wirklich kaum etwas über Stephania wusste. Nicht die Dinge, die Stephania sich angeeignet hatte, um bei gewissen Anlässen mehr als eines von vielen Gesichtern im Hintergrund zu sein. Sicherlich wusste sie auch nichts über ihre Beharrlichkeit, wenn es darum ging, Rache zu nehmen.

„Ich werde tun, was ich muss, was es auch kostet“, sagte Stephania. „Die Frage ist nur, ob ich mich auf dich verlassen kann.“

Felene begann zu grinsen. „Solange Ihr mir nicht mehr abverlangt als zu trinken, zu kГ¤mpfen und gelegentlich etwas zu klauen.“ Dann wurde ihr Ausdruck ernster. „Ich schulde Thanos etwas, und ich habe ihm mein Wort gegeben, Euch in Sicherheit zu bringen. Ich werde mein Wort halten.“

Ohne diesen Zusatz wäre sie für Stephanias Plan ideal gewesen. Oh, wenn sie doch nur so bestechlich gewesen wäre wie der Rest ihresgleichen. Oder offen für Verführung. Stephania hätte ihr Elethe, ohne mit der Wimper zu zucken, überlassen, so wie sie auch der Hexe Hara ihre Zofe überlassen hatte.

„Was machen wir, wenn wir in Felldust angekommen sind?“ fragte Felene. „Wie finden wir den Ort, ‚wo die sinkende Sonne die Gebeine der Steintoten trifft’?“

„Ich habe von den Gebeinen der Steintoten gehГ¶rt“, antwortete Elethe. „Sie befinden sich in den Bergen.“

Stephania hätte es vorgezogen, das im Privaten zu besprechen, doch in Wahrheit gab es keine Privatsphäre auf ihrem kleinen Boot. Sie mussten darüber sprechen, und das bedeutete, Felene miteinzubeziehen.

„Das heiГџt, dass wir uns in die Berge begeben mГјssen“, sagte Stephania. „Kannst du die Vorkehrungen dafГјr treffen?“

Elethe nickte. „Ein Freund meiner Familie hat Karawanen, die durch die Berge ziehen. Das sollte nicht schwer zu organisieren sein.“

„Ohne groГџ Aufmerksamkeit zu wecken?“ fragte Stephania.

„Ein Karawanentreiber, der zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, wird ausgeraubt“, versicherte ihr Elethe. „Wir werden auГџerdem nГ¤heres erfahren, wenn wir die Stadt erreichen. Felldust ist meine Heimat, gnГ¤dige Frau.“

„Ich bin mir sicher, dass du eine groГџe Hilfe sein wirst“, sagte Stephania auf eine Weise, in der Dankbarkeit mitschwang. Zuvor hГ¤tte das ihre Zofe in einen Zustand der Freude versetzt, doch jetzt lГ¤chelte sie nur. Wahrscheinlich hatte es etwas mit der Aufmerksamkeit zu tun, die Felene ihr so groГџzГјgig schenkte.

Das ärgerte Stephania ein wenig. Es war keine Eifersucht im herkömmlichen Sinne, denn das Mädchen war ihr wie alle anderen auch egal, seitdem Thanos aus ihrem Leben verschwunden war. Nein, es war vielmehr die Tatsache, dass die Zofe ihr gehörte. Das Mädchen hätte einst alles getan, was Stephania ihr aufgetragen hätte. Doch jetzt konnte Stephania sich nicht mehr sicher sein, und das wurmte sie. Sie musste einen Weg finden, sie auf die Probe zu stellen, bevor das hier vorbei war.

Sie würde viele Dinge tun müssen, bevor sie mit Felldust fertig war. Sie würde den Zauberer finden müssen, und auch wenn ihre Zofe einen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort entschlüsselt hatte, so würde das immer noch Zeit und Mühe kosten. Sie würde sich in einem fremden Land befinden, in dem sowohl die Politik als auch das Volk anders waren, auch wenn sich Schwäche überall in der Welt ähnlich zeigte.

Selbst wenn sie den Zauberer fände, würde sie entweder Zugang zu seinem Wissen gewinnen oder ihn auf ihre Seite ziehen müssen. Vielleicht würde es einfach nur Geld kosten oder den Einsatz ihres Charmes, doch das bezweifelte Stephania. Jeder Zauberer, der die Macht besaß einen Uralten aufzuhalten, war in einer Lage, in der er von der Welt fordern konnte, was immer er wollte.

Nein, Stephania würde sich etwas einfallen lassen müssen, doch würde sie einen Weg finden, der sie zum Erfolg führen würde. Jeder begehrte etwas, ob es Macht war oder Ruhm oder Wissen oder schlicht Sicherheit. Stephania hatte immer eine Gabe gehabt, herauszufinden, was ein Mensch wollte; das war so häufig der Hebel gewesen, der die anderen dazu gebracht hatte, das zu tun, was Stephania von ihnen verlangt hatte.

„Sag mir, Elethe“, sagte sie aus einem Impuls heraus. „Was ist es, das du begehrst?“

„Euch zu dienen, gnГ¤dige Frau“, sagte das MГ¤dchen sofort. Das war natГјrlich die richtige Antwort, doch darin lag eine Spur Aufrichtigkeit, die Stephania gefiel. Sie wГјrde die wahre Antwort bald erhalten.

„Und du, Felene?“ fragte Stephania.

Sie sah, wie die Diebin mit den Schultern zuckte. „Was auch immer die Welt mir zu bieten hat. Vorzugsweise etwas mit Gold, Alkohol, Geselligkeit und Unterhaltung. Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.“

Stephania lachte sanft und tat so, als wГјrde sie nicht merken, dass sie log. „NatГјrlich. Was sollte man sich sonst wГјnschen?“

„Warum sagt Ihr es mir nicht?“ konterte Felene. „Was ist es, dass Ihr wollt, Prinzessin? Warum nehmt Ihr all das auf Euch?“

„Ich will Sicherheit“, sagte Stephania. „Und ich will Rache an jenen nehmen, die mir Thanos genommen haben.“

„Am Reich Rache nehmen?“ fragte Felene. „In dieser Hinsicht sind wir uns einig. Sie haben mich schlieГџlich auf ihrer Insel ausgesetzt.“

Wenn sie glaubte, dass es Rache am Reich war, die Stephania wollte, dann sollte sie es ruhig glauben. Das Objekt ihrer Rache lieГџ sich allerdings einfacher definieren: Ceres, dann Thanos und jeden, der ihnen geholfen hatte.

Stephania wiederholte leise den Schwur, den sie sich in Delos gegeben hatte. Sie wГјrde ihr Kind als Waffe gegen seinen Vater aufziehen. Sie wГјrde ihrem Kind Liebe schenken; sie war mit Sicherheit kein Monster. Aber es wГјrde auch einen Zweck erfГјllen. Es wГјrde wissen, was sein Vater getan hatte.

Und dass einige Dinge unverzeihlich waren.




KAPITEL VIER


Auf seiner Reise nach Felldust wurde Lucious unentwegt von einem mörderischen Verlangen heimgesucht. Jetzt, da er seinem Ziel immer näher kam, wurde dieses Gefühl sogar noch stärker. Dort stand er nun in dreckigen Kleidern in der sengenden Sonne und floh vor einem Reich, dass ihm hätte zu Füßen liegen sollen.

„Pass auf, wo du hintrittst, Junge“, sagte einer der Matrosen. Er schubste Lucious zur Seite, so dass er ein Seil richtig vertГ¤uen konnte. Lucious hatte keinen Versuch unternommen, sich den Namen des Mannes zu merken und bereute es kurz, denn dann hГ¤tte er sich beim KapitГ¤n Гјber seine Mannschaft beschweren kГ¶nnen.

„Junge? Du weiГџt, wer ich bin und du wagst es, mich Junge zu nennen?“ fragte Lucious. „Ich sollte zu KapitГ¤n Arvan gehen und dich auspeitschen lassen.“

„Wenn du das tust“, sagte der Matrose im gelangweilten Tonfall von jemandem, der sich in Sicherheit wog, „dann wirst du bald sehen, wohin dich das fГјhrt.“

Lucious ballte die Fäuste. Am schlimmsten war die Einsicht, dass seine Drohungen zwecklos waren. Kapitän Arvan stand auf dem Kommandodeck und umfasste das Steuerrad. Der massige Mann schwankte mit jeder Welle, die das Boot zum Schaukeln brachte. Er hatte Lucious klar gemacht, dass er sich nur soweit um ihn scherte, wie er einen finanziellen Nutzen aus ihm ziehen konnte.

Wieder stieg Wut in ihm auf und brachte die Bilder von Blut und Stein mit sich. Das Blut seines Vaters, das an der Steinstatue einer seiner Vorfahren klebte.

Derjenigen, mit der du mich getötet hast.

Lucious zuckte zusammen, auch wenn die Stimme, die ihn so klar wie ein Morgenhimmel anrief, ihn bereits seit dem ersten Schlag gegen seinen Vater verfolgte. Lucious glaubte nicht an Geister, doch die Erinnerung an die Stimme seines Vaters war noch so lebendig, dass sie ihm jedes Mal antwortete, wenn er versuchte nachzudenken. Ja, sie war nichts weiter als ein Streich seiner Psyche, aber das machte es nicht besser. Das hieГџ nur, dass seine eigenen Gedanken nicht das taten, was er wollte.

Nichts geschah so, wie er es wollte. Der Kapitän des Kahns, auf dem er angeheuert hatte, hatte ihn nur widerwillig mitgenommen, so als wäre es keine Ehre, Lucious auf seiner Reise mit an Bord zu haben. Seine Männer blickten auf Lucious von oben herab, so als wäre er ein Krimineller der vor seiner gerechten Strafe fliehen würde und nicht der rechtmäßige Herrscher des Reichs, dem auf grausame Weise sein Thron vorenthalten wurde.

Thanos’ Thron.

„Es ist nicht Thanos’ Thron“, zischte Lucious ins Leere. „Er gehГ¶rt mir.“

„Hast du was gesagt?“ fragte der Matrose ohne sich auch nur umzudrehen.

Lucious entfernte sich von ihm und schlug genervt gegen das Holz des Masts, doch das führte nur dazu, dass er sich schmerzhaft die Knöchel aufschürfte. Wenn er gekonnt hätte, dann hätte er einem oder zwei Crewmitgliedern die Haut abziehen lassen.

Doch Lucious blieb auf Abstand zu ihnen und hielt sich an die Bereiche des Decks, die man ihm zugewiesen hatte, als wäre er ein Bürger, den man anwies, wo er zu stehen hatte. Als könnte er nicht rechtmäßig jedes Schiff des Reichs für sich beanspruchen, wenn er nur wollte.

Doch der Kapitän des Boots tat genau das. Er hatte Lucious die klare Anweisung gegeben, keinen Ärger zu machen und sich von der Mannschaft fernzuhalten solange sie arbeitete.

„Sonst fliegst du Гјber Bord und kannst nach Felldust schwimmen“, hatte der Mann gesagt.

Vielleicht hättest du ihn genauso wie mich töten sollen.

„Ich bin nicht verrГјckt“, sagte Lucious sich selbst. „Ich bin nicht verrГјckt.“

Er würde das nicht länger hinnehmen, so wie er es nicht länger hinnehmen würde, dass die Männer zu ihm hinabblickten, als wäre er von keinerlei Wichtigkeit. Er erinnerte sich noch immer an den Zustand kaltblütiger Raserei, in dem er sich befunden hatte, als er auf seinen Vater eingeschlagen hatte. Er fühlte noch immer das Gewicht der Statue in seiner Hand, wie er damit zuschlug, um das zu bewahren, was ihm gehörte.

„Du hast mich dazu gebracht“, murmelte Lucious. „Du hast mir keine Wahl gelassen.“

So wie jedes andere deiner Opfer dir keine Wahl gelassen hat, sagte seine innere Stimme. Wie viele Menschen haben durch dich ihr Leben verloren?

„Warum ist das wichtig?“ fragte Lucious. Er schritt zur Reling und schrie Гјber die brausende See. „Es ist vГ¶llig egal!“

„Halt den Mund, Junge, wir versuchen hier zu arbeiten!“ rief der KapitГ¤n vom Steuerrad ihm zu.

Nicht einmal mitten auf dem Ozean kannst du es richtig machen, sagte die Stimme in ihm.

„Halt die Klappe“, zischte Lucious. „Halt die Klappe!“

„Wie kannst du es wagen, so etwas zu mir zu sagen, Junge?“ fragte der KapitГ¤n und trat zu ihm auf das Hauptdeck, um ihn zur Rede zu stellen. Der Mann war größer als Lucious und normalerweise hГ¤tte ihn jetzt Angst ergriffen. Doch die Erinnerungen waren so stark, dass fГјr die Angst kein Raum mehr blieb. Erinnerungen an Gewalt. Erinnerungen an all das Blut. „Ich bin der KapitГ¤n dieses Schiffs!“

„Und ich bin der KГ¶nig!“ schoss Lucious zurГјck. Er holte zu einem Schlag aus, der den anderen Mann an seinem Kiefer treffen und ihn zurГјcktaumeln lassen sollte. Er hatte noch nie an gerechte KГ¤mpfe geglaubt.

Der Kapitän trat jedoch zurück und wich so mühelos dem Schlag aus. Lucious rutschte aus und in diesem Moment schlug der andere Mann zu.

Er schlug ihn! Als wäre er eine Hure, die sich erdreistet hatte, sich zu widersetzen und nicht ein kampfeswürdiger Krieger. Ein Prinz!

Der Schlag genГјgte, um ihn auf den Boden des Decks zu schicken und Lucious grummelte leise.

Halt dich besser zurГјck, Junge, flГјsterte die Stimme seines Vaters.

„Halt die Klappe!“

Er griff nach seinem Messer, das er in der Tunika trug. Doch daraufhin versetzte Kapitän Arvan ihm einen Tritt.

Der erste Tritt erwischte Lucious so schwer im Magen, dass er sich von seinen Knien auf den RГјcken abrollte. Der zweite Tritt traf nur seinen Kopf, doch er war heftig genug, dass Sterne vor seinen Augen zu tanzen begannen. Doch das brachte die Stimme seines Vaters immer noch nicht zum Schweigen.

Nenn dich nur einen Krieger. Ich weiГџ, dass du es besser weiГџt.

Das war leicht gesagt, wenn man nicht derjenige war, der gerade auf einem Schiffsdeck zu Tode gedroschen wurde.

„Du glaubst wohl, dass du mich erstechen kannst, Junge?“ fragte KapitГ¤n Arvan. „Ich wГјrde deine Knochen verkaufen, wenn ich Гјberzeugt wГ¤re, dass sie etwas einbringen wГјrden. Doch so werden wir dich einfach ins Wasser werfen und sehen, ob vielleicht die Haie an dir Interesse zeigen!“ Er machte eine Pause und verdeutlichte das Gesagte mit einem weiteren Tritt. „Ihr zwei, greift ihn. Wir werden sehen, wie gut der Adel auf dem Wasser treibt.“

„Ich bin ein KГ¶nig!“ protestierte Lucious, als raue HГ¤nde nach ihm griffen. „Ein KГ¶nig!“

Und schon bald bist du kein König mehr, antwortete die Stimme seines Vaters.

Lucious hatte das Gefühl, schwerelos zu sein, als die Männer ihn so hoch in die Luft hoben, dass er das endlose Wasser um ihn sehen konnte. Dort hinein würden sie ihn werfen, um ihn zu ertränken. Doch so endlos war das Meer gar nicht, oder? Konnte er nicht –

„Land in Sicht!“ rief ihr SpГ¤her.

Die Spannung hielt noch einen Moment lang an und Lucious war sich sicher, dass er trotzdem im Wasser landen wГјrde.

Dann donnerte Kapitän Arvans Stimme über das Schiff.

„Lasst diesen kГ¶niglichen Lump wieder runter! Wir haben jetzt alle unsere Aufgaben, und wir werden uns spГ¤ter um ihn kГјmmern.“

Die Matrosen stellten keine weiteren Fragen. Sie lieГџen Lucious vielmehr auf das Deck fallen und machten sich mit dem Rest der Mannschaft daran, die Taue einzuholen.

Du solltest dankbar sein, flГјsterte die Stimme seines Vaters.

Lucious war jedoch alles andere als dankbar. Im Geiste setzte er das Schiff und seine Mannschaft auf die Liste derjenigen, die fГјr ihre Taten bezahlen wГјrden, wenn er erst seinen Thron zurГјck hatte. Er wГјrde sehen, wie sie in Flammen aufgingen.

Er wГјrde sehen, wie sie alle in Flammen aufgingen.




KAPITEL FГњNF


Thanos saß in seinem Käfig und erwartete seinen Tod. Wie er sich auch drehte und wendete, die Sonne über dem Hof schien ihn langsam zu rösten, während die Wachen den Galgen errichteten, an dem er seinen Tod finden würde. Thanos hatte sich noch nie so hilflos gefühlt.

Oder so durstig. Sie schenkten ihm keine Beachtung, gaben ihm weder Essen noch Trinken und beschäftigten sich nur dann mit ihm, wenn sie ihre Schwerter an den Stangen seines Käfigs entlangrasseln ließen, um ihn zu verspotten.

Bedienstete eilten Besorgungen machend über den Hof, und ließen vermuten, dass im Schloss etwas vor sich ging, von dem Thanos nichts wusste. Vielleicht war dies nach dem Tod eines Königs auch schlicht der Lauf der Dinge. Vielleicht war diese Geschäftigkeit auch nur Königin Athenas Art über Delos so zu herrschen, wie sie es wollte.

Thanos konnte sich vorstellen, dass die Königin es so wollte. Während andere sich in ihrer Trauer zurückgezogen hätten und kaum in der Lage gewesen wären, zu funktionieren, konnte Thanos sich vorstellen, dass sie den Tod ihres Mannes als eine Gelegenheit verstand, die genutzt werden musste.

Thanos umklammerte die Gitterstäbe seines Käfigs. Es war recht wahrscheinlich, dass er hier der einzige war, der wirklich um seinen Vater trauerte. Die Bediensteten und Menschen von Delos hatten jeden Grund ihren König zu hassen. Athena war so sehr in ihre Pläne vertieft, um sich ernsthaft damit zu beschäftigen. Und was Lucious anbelangte...

„Ich werde dich finden“, versprach Thanos. „Es wird Gerechtigkeit geben. FГјr alles.“

„Oh, es wird Gerechtigkeit geben“, sagte einer der Wachen. „Sobald wir dich fГјr das, was du getan hast, ausweiden.“

Er schlug gegen die Stangen und erwischte Thanos’ Finger so, dass er vor Schmerzen fauchte. Thanos wollte nach ihm greifen, doch der Wächter lachte nur, tänzelte rückwärts und gesellte sich wieder zu den anderen, die damit beschäftigt waren, die Bühne zu errichten, auf der Thanos letztendlich getötet würde.

Es war eine Bühne. Das Ganze diente vor allem dem Zweck der Unterhaltung. In einem einzigen Akt der Gewalt würde Athena die Kontrolle über das Reich übernehmen, indem sie die größte Gefahr für ihre Macht auslöschte und gleichzeitig zeigte, dass sie trotz der Thronbesteigung ihres Sohns weiterhin über die Schalthebel der Macht waltete.

Vielleicht glaubte sie wirklich, dass es so funktionieren würde. Wenn dann wünschte Thanos ihr viel Glück dabei. Athena war bösartig und herrschsüchtig, doch ihr Sohn war ein uneingeschränkter Verrückter. Er hatte bereits seinen Vater auf dem Gewissen, und wenn seine Mutter glaubte, ihn kontrollieren zu können, dann würde sie alle Hilfe brauchen, die sie kriegen konnte.

So wie jeder einzelne in Delos, beim kleinsten Bauern angefangen bis hin zu Stephania, in einer Falle sitzen würde, von der willkürlichen Gnade eines gnadenlosen Adligen abhängig.

Der Gedanke an seine Frau, ließ Thanos stöhnen. Er war hergekommen, um sie zu retten und jetzt saß er hier. Wenn er gar nicht erst gekommen wäre, dann wären die Dinge vielleicht besser ausgegangen. Vielleicht hätten die Wachen erkannt, dass Lucious der eigentliche Mörder des Königs war. Vielleicht hätten sie eingegriffen und nicht versucht, alles unter den Teppich zu kehren.

„Vielleicht hГ¤tten sie es auch der Rebellion angehГ¤ngt“, sagte Thanos, „und Lucious wieder fein rausgehalten.“

Das konnte er sich gut vorstellen. Wie schlimm es auch würde, Lucious würde immer einen Weg finden, anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Letztlich hätte er nie gehört, wie sein Vater anerkannte, wer er war, wenn er nicht an dessen Lebensende bei ihm gewesen wäre. Er hätte nicht erfahren, dass es in Felldust Belege dafür gab.

Er hätte sich von seinem Vater nicht verabschieden und ihn in seinen letzten Momenten in den Armen halten können. Sein Bedauern drehte sich nun darum, dass er Stephania vor seiner Hinrichtung weder noch einmal würde sehen können, noch sicherstellen konnte, dass es ihr gut ging. Ungeachtet dessen was sie getan hatte, hätte er sie im Hafen nicht zurücklassen dürfen. Es war selbstsüchtig gewesen, nur an die eigene Wut und den eigenen Ekel zu denken. Dieses Verhalten hatte ihm seine Frau und sein Kind gekostet.

Es war ein Verhalten, das Thanos wahrscheinlich sein eigenes Leben kosten würde, wenn man davon ausging, dass er nur hier war, weil Stephania gefangen gehalten wurde. Wenn er sie mitgenommen hätte, sie in Sicherheit nach Haylon gebracht hätte, dann wäre nichts von all dem geschehen.

Thanos wusste, dass es eine Sache gab, die er tun musste, bevor sie ihn hinrichteten. Er konnte dem nicht entkommen, durfte nicht darauf hoffen, das zu vermeiden, was ihn erwartete, aber er konnte immer noch die Dinge klarstellen.

Er wartete bis der nächste über den Hof eilende Bedienstete an seinem Käfig vorbeikam. Der erste dem er ein Zeichen machte, lief weiter.

„Bitte“, rief er dem zweiten zu, der sich umblickte bevor er den Kopf schГјttelte und weitereilte.

Die dritte war eine junge Frau, die stehen blieb.

„Wir dГјrfen nicht mit Euch sprechen“, sagte sie. „Wir dГјrfen Euch auch kein Essen oder Trinken bringen. Die KГ¶nigin will, dass Ihr fГјr den Mord am KГ¶nig leidet.“

„Ich habe ihn nicht getГ¶tet“, sagte Thanos. Er streckte die Hand aus, als sie sich wegdrehen wollte. „Ich erwarte nicht, dass du mir glaubst und ich werde dich auch nicht um Wasser bitten. Kannst du mir Kohle und Papier bringen? Das wird die KГ¶nigin doch sicherlich nicht verboten haben.“

„Werdet ihr der Rebellion eine Nachricht schreiben?“ fragte die Bedienstete.

Thanos schГјttelte den Kopf. „Nichts dergleichen. Du kannst lesen, was ich schreibe, wenn du willst.“

„Ich... ich werde es versuchen.“ Sie sah so aus, als hГ¤tte sie noch mehr sagen wollen, doch Thanos sah, wie einer der WГ¤chter zu ihnen hinГјberblickte, sodass die Dienerin schnell weitereilte.

Das Warten war schwer. Wie sollte er auch den Wachen dabei zusehen, wie sie den Galgen errichteten, auf dem sie ihn an den Abgrund des Todes stoßen wollten, bevor sie ihn auf dem großen Rad brechen wollten? Es war eine schwache Genugtuung, dass, auch wenn es Königin Athena gelänge, ihren Sohn unter Kontrolle zu bringen, das Reich alles andere als ein perfekt funktionierender Apparat wäre.

Er stellte sich noch immer alle die Grausamkeiten vor, die Lucious und seine Mutter in der Lage wären, ihrem Reich zuzufügen, als die Dienerin zurückkam. Etwas klemmte unter ihrem Arm. Es war nur ein wenig Pergament und ein winziges Stück Kohle und doch schob sie es ihm so verstohlen zu als sei es der Schlüssel zu seiner Freiheit.

Thanos empfing es ebenso vorsichtig. Er bezweifelte nicht, dass die Wachen es ihm wieder abnehmen würden, selbst wenn nur zu dem Zweck, ihn weiter zu demütigen. Selbst wenn es unter ihnen einige gab, die von der Grausamkeit des Reichs nicht völlig verdorben worden waren, so glaubten sie doch alle, dass er der schlimmste unter allen Verrätern war und nichts besseres verdiente.

Er beugte sich über den Fetzen und flüsterte die niederzuschreibenden Worte, die möglichst exakt das fassen sollten, was er auszudrücken versuchte. Er schrieb in winzigen Buchstaben wissend, dass er viel auf dem Herzen hatte, das er in dieser Form zurücklassen wollte:



FГјr meine geliebte Frau Stephania. Wenn du dies liest, wird man mich bereits hingerichtet haben. Vielleicht wirst du das GefГјhl haben, dass ich dies, nachdem ich dich zurГјckgelassen habe, verdient habe. Vielleicht wirst du auch etwas von dem Schmerz spГјren, den ich verspГјre, wenn ich daran denke, dass man dich zu so vielen Dingen gezwungen hat, die du nicht wolltest.



Thanos suchte nach den richtigen Worten fГјr das, was er fГјhlte. Es war nicht leicht, alles niederzuschreiben oder Ordnung in den Strudel aus GefГјhlen in ihm zu bringen:



Ich… habe dich geliebt und ich kam nach Delos, um dich zu retten. Verzeih mir, dass mir das nicht gelungen ist, auch wenn ich mir nicht sicher bin, dass wir wieder zueinander gefunden hätten. Ich... weiß, wie glücklich du warst, als du erfahren hast, schwanger zu sein, und auch ich war voller Vorfreude. Dass wir unseren Sohn oder unsere Tochter nie kennenlernen werden, ist auch jetzt noch das, was mich mit größtem Bedauern erfüllt.



Dieser Gedanke schmerzte ihn mehr als jeder Schlag, den die Wachen ihm hätten zufügen können. Er hätte schon früher zu Stephanias Rettung zurückkommen sollen. Er hätte sie niemals zurücklassen sollen.

„Es tut mir leid“, flГјsterte er, wissend, dass er nicht genГјgend Platz zur VerfГјgung hatte, um all das, was er sagen wollte, niederzuschreiben. Er konnte seinen GefГјhlen keinen Ausdruck verleihen, denn er wusste, dass er sie einer Fremden anvertrauen musste. Er musste hoffen, dass dies genГјgen wГјrde.

Er hätte so viel mehr schreiben können, aber das war der Kern dessen. Seinen Kummer über die Dinge, die schiefgegangen waren. Die Tatsache, dass Liebe im Spiel gewesen war. Er hoffte, dass es genügen würde.

Thanos wartete, bis die Bedienstete wieder bei ihm vorbeikam. Er hielt sie mit ausgestrecktem Arm an.

„Kannst du das Lady Stephania bringen?“ fragte er.

Die Dienerin schГјttelte den Kopf. „Es tut mir leid, das kann ich nicht.“

„Ich weiГџ, dass ich viel verlange“, sagte Thanos. Er wusste, dass sie ein groГџes Risiko wГјrde eingehen mГјssen. „Wenn nur irgendjemand es zu ihr in den Kerker schmuggeln kГ¶nnte – “

„Das meine ich nicht“, sagte die Bedienstete. „Lady Stephania ist nicht mehr hier. Sie hat das Schloss verlassen.“

„Das Schloss verlassen?“ wiederholte Thanos. „Wann?“

Die Bedienstete breitete unwissend die HГ¤nde aus. „Ich weiГџ es nicht. Ich habe nur gehГ¶rt, wie eine ihrer Zofen darГјber gesprochen hat. Sie ist in die Stadt gekommen und nicht wieder zurГјckgekommen.“

War sie entkommen? Hatte sie es geschafft, ohne Hilfe zu entkommen? Ihre Zofe hatte gesagt, dass dies unmöglich sei. Hatte Stephania dennoch einen Weg gefunden? Er konnte zumindest hoffen, dass es so war, oder?

Thanos dachte noch immer darГјber nach, als er bemerkte, dass es um die Galgen ruhig geworden war. Ein Blick darauf verriet ihm auch warum. Er war bereit. Wachen standen wartend neben ihm und betrachteten bewundernd ihr Werk. Die Umrisse einer Schlinge zeichneten sich dunkel gegen den Himmel ab. Ein Rad und eine Feuerschale standen gleich daneben. Гњber allem thronte ein gewaltiges mit Ketten versehenes Rad, neben dem ein groГџer Hammer auf dem Boden lag.

Er konnte sehen, wie immer mehr Menschen sich versammelten. Wächter hatten sich in einem Kreis im Hof verteilt und sahen aus, als wären sie auf der Hut, dass niemand das Bevorstehende vereiteln würde. Vielleicht wollten sie aber auch nur Thanos’ Tod aus nächster Nähe miterleben.

Über ihm konnte Thanos sehen, wie einige Bedienstete und Adlige aus den Fenstern blickten, Mitleid schien in einigen Blicken zu liegen, während andere völlig leer waren oder von blankem Hass erfüllt. Einige hatten sogar auf dem Dach Platz genommen. Von dort blickten sie hinab, weil sie keinen besseren Platz gefunden hatten. Sie taten so als wäre es das Großereignis des Jahres und nicht eine Hinrichtung. Das ließ Zorn in Thanos aufkeimen.

„VerrГ¤ter!“

„MГ¶rder!“

Die Rufe prasselten auf ihn nieder. Nach den Beschimpfungen flog fauliges Obst aus den Fenstern. Das war der bitterste Teil. Thanos hatte geglaubt, dass diese Menschen ihn respektierten und wussten, dass er zu dem, was ihm hier vorgeworfen wurde, nicht in der Lage wäre. Doch sie verspotteten ihn, als sei er der schlimmste Verbrecher. Nicht alle von ihnen stimmten mit ein, doch genügend taten es und Thanos musste sich unweigerlich fragen, ob sie ihn wirklich so sehr hassten oder ob sie dem neuen König und seiner Mutter nur zeigen wollten, auf welcher Seite sie standen.

Er wehrte sich, als sie zu ihm kamen und ihn aus seinem Käfig zerrten. Er schlug und trat, hieb aus und versuchte, sich frei zu winden. Doch was er auch unternahm, es war nicht genug. Die Wachen griffen seine Arme, drehten sie nach hinten und banden sie fest zusammen. Thanos hörte auf, sich zu wehren, aber nur weil er sich ein wenig Würde in diesem Moment bewahren wollte.

Sie fГјhrten ihn Schritt fГјr Schritt zu dem Galgen, den sie gebaut hatten. Thanos setzte sich ohne Aufforderung auf den Schemel, den sie unter die Schlinge gestellt hatten. Wenn er GlГјck hatte, dann wГјrde der Fall ihm das Genick brechen und ihm den Rest des grausamen Plans ersparen.

Als sie ihm die Schlinge umlegten, musste er an Ceres denken. An das, was anders hätte laufen können. Er hatte die Dinge verändern wollen. Er hatte es besser machen wollen und mit ihr zusammen sein wollen. Er wünschte...

Doch ihm blieb keine Zeit fГјr WГјnsche, denn Thanos spГјrte bereits, wie die Wachen dem Schemel unter ihm einen Tritt verpassten und die Schlinge sich um seinen Hals zuzog.




KAPITEL SECHS


Ceres war es egal, dass das Schloss die letzte uneinnehmbare Bastion des Reichs darstellen sollte. Ihr war es egal, dass seine Wände aus reinem Fels bestanden und dass seine Tore den schwersten Waffen standhalten konnten. Es würde jetzt aufhören.

„VorwГ¤rts!“ rief sie ihrem Gefolge zu und sie griffen in der Folge an. Ein anderer General hГ¤tte sie vielleicht von hinten heraus angefГјhrt, hГ¤tte das sorgsam geplant und andere das Risiko tragen lassen. Das konnte Ceres jedoch nicht. Sie wollte das, was vom Reich noch Гјbrig war, selbst auseinandernehmen und sie ging davon aus, dass dies einer der HauptgrГјnde war, weshalb so viele Menschen ihr gefolgt waren.

Sie waren jetzt noch zahlreicher als im Stadion. Die Menschen der Stadt waren auf die Straßen geströmt, und die Rebellion war erneut aufgelodert, so als hätte man frischen Zunder in die Glut geworfen. Unter ihnen erblickte sie die Kleidung von Hafenarbeitern und Fleischern, Stallknechten und Händlern. Sie konnte sogar einige Reichssoldaten sehen. Die Farben des Reichs waren eilig entfernt worden, als sie den Strom aus Menschlichkeit hatten herannahen sehen.

„Sie werden bereit sein“, sagte einer der Kampfherren neben Ceres, als die sich dem Schloss nГ¤herten.

Ceres schГјttelte den Kopf. „Sie werden uns kommen sehen. Das ist etwas anderes, als bereit zu sein.“

Niemand konnte auf das gefasst sein. Ceres scherte sich nicht darum, wie viele Männer dem Reich jetzt noch blieben oder wie schwer seine Mauern einzunehmen waren. Sie hatte eine ganze Stadt auf ihrer Seite. Sie und die Kampfherren sausten durch die Straßen über die breite Promenade, die sie zu den Toren des Schlosses führen würde. Sie waren die Speerspitze und die Menschen von Delos und diejenigen die von Lord Wests Männern übrig geblieben waren, folgten ihnen in einem Meer aus Hoffnung und Wut.

Ceres nahm Rufe wahr, als sie sich dem Schloss weiter näherten. Hörner erschollen und Soldaten versuchten, überstürzt eine wirkungsvolle Verteidigung zu errichten.

„Es ist zu spГ¤t“, sagte Ceres. „Sie kГ¶nnen uns nicht mehr aufhalten.“

Doch sie wusste, dass es Dinge gab, die sie nach wie vor tun konnten. Die Mauern begannen Pfeile auszuspucken, dessen Zahl zwar nicht an die des tödlichen Regens auf Lord Wests Truppen herankam, die aber dennoch gefährlich genug für diejenigen ohne Rüstung war. Ceres sah, wie einer sich in die Brust des Mannes neben ihr bohrte. Eine Frau ging hinter ihr schreiend zu Fall.

„Die mit Schilden und RГјstung zu mir“, schrie Ceres. „Alle anderen machen sich zum Angriff bereit.“

Doch die Schlosstore begannen sich bereits zu schließen. Ceres hatte ein Bild vor Augen, in dem die Welle ihrer Gefolgschaft von einem gigantischen Schiffskörper gebrochen wird, doch sie drosselte das Tempo nicht. Wellen konnten Schiffe auch verschlingen. Selbst wenn die großen Tore sich mit einem donnernden Knall schlossen, würden sie sie nicht aufhalten. Sie wusste nur, dass es sie eine größere Anstrengung kosten würde, das bösartige Reich auszuweiden.

„Klettern!“ schrie sie den Kampfherren zu und steckte ihre Schwerter in ihre HГјllen, sodass sie an den Mauern emporklettern konnte. Der raue Stein war mit genГјgend GriffmГ¶glichkeiten gespickt, dass jeder, der genГјgend Mut besaГџ, es versuchen konnte und die Kampfherren waren mehr als mutig, es zu wagen. Sie folgten ihr. Ihre muskulГ¶sen KГ¶rper zogen sich das Steinwerk hinauf als wГ¤re es eine Гњbung, die sie von ihren Kampfmeistern aufbekommen hГ¤tten.

Ceres hörte, wie diejenigen hinter ihr nach Leitern verlangten und wusste, dass die gewöhnlichen Menschen der Rebellion ihr schon bald folgen würden. Jetzt musste sie sich erst einmal auf den bröckligen Stein unter ihren Händen konzentrieren und die Kraft, die sie brauchte, um sich von einem Griff zum nächsten zu hangeln.

Ein Speer flog an ihr vorbei, der offenkundig von jemandem Гјber ihr kam. Ceres drГјckte sich flach an die Mauer, lieГџ ihn vorbeizischen und kletterte weiter. Solange sie an der Mauer hing, wГјrde sie ein Ziel bleiben. Darum war weiter zu klettern ihre einzige Option. Ceres war dennoch froh, dass ihnen nicht genug Zeit blieb, kochendes Г–l oder brennenden Sand als Schutz gegen kletternde Eindringlinge zuzubereiten.

Sie erreichte den oberen Rand der Mauer und fand sich sofort einer der verteidigenden Wachen gegenГјberstehend. Ceres war froh, dass sie die erste hier oben war, denn nur ihre Geschwindigkeit rettete sie in diesem Augenblick. Sie griff nach ihrem Gegner und zog ihn von seinem Platz Гјber die Festungsmauer. Er stГјrzte schreiend in die brodelnde Masse ihrer Gefolgschaft.

Ceres sprang auf die Mauer, zog ihre Klingen und schlug rechts und links zu. Ein zweiter Mann kam auf sie zu. Sie wehrte sich und versenkte eine Klinge dort, wo sie hingehörte. Von der Seite kam ein Speer auf sie zugeflogen, er blitzte in ihrer Rüstung auf. Ceres schlug mit brutaler Kraft zu. Innerhalb von Sekunden hatte sie einen Kreis auf der Mauer um sich freigemäht. Kampfherren strömten über die Kante und füllten den Kreis.

Einige der Wächter versuchten zurückzuschlagen. Ein Mann holte mit einer Axt nach Ceres aus. Sie duckte sich und hörte, wie sie sich in den Stein hinter ihr grub. Dann rammte sie eines ihrer Schwerter in seine Eingeweide. Sie trat nach ihm, und er flog hinab in den Hof. Sie steckte einen Hieb gegen ihre Klingen ein und stieß einen weiteren Mann zurück.

Die Wachen waren zu wenige, um die Mauer zu halten. Einige machten sich aus dem Staub. Diejenigen, die ihr Glück versuchten, bezahlten mit ihrem Leben. Einer rannte mit einem Speer auf Ceres zu und sie spürte, wie er ihr Bein aufschlitzte, als sie knapp auswich. Sie schlug auf Beinhöhe zu, um ihren Gegner auszubremsen. Dann schlitzte sie ihm den Hals auf, um ihm endgültig den Garaus zu machen.

Diese eilig errichtete Bastion weitete sich schnell in etwas aus, das einer sich nähernden Wellenfront ähnelte. Ceres machte Stufen aus, die sie zu den Toren führen würden. Sie nahm vier Stufen gleichzeitig und hielt nur an, um die Schläge eines Wächters abzuwehren. Sie verpasste ihm einen Tritt, sodass er zu Boden ging. Der Kampfherr hinter ihr kümmerte sich um den Wächter, und Ceres konnte sich wieder auf die Tore konzentrieren.

Ein großes Rad, mit dem man offenbar das Bollwerk öffnen konnte, stand neben den Toren. Fast ein dutzend Wächter umringten es. Sie versperrten den Zugang zum Rad und versuchten mit der Horde Menschen dahinter fertigzuwerden.

Ceres stürmte, ohne zu zögern, auf das Rad zu.

Sie durchbohrte die Rüstung eines Wächters, zog ihr Schwert und duckte sich unter dem Hieb eines Zweiten hinweg. Sie ritzte ihm den Oberschenkel auf, sprang wieder auf die Füße und säbelte einen Dritten zu Boden. Sie hörte das Prasseln von Pfeilen auf den Pflastersteinen und schleuderte eine ihrer Klingen. Sie hörte einen Schrei, als sie ihr Ziel erreichte. Sie griff nach dem Schwert eines sterbenden Wächters, gesellte sich wieder zu den andern Kämpfenden und schon war sie mit den anderen wieder vereint.

Chaos brach aus, denn die Wächter verstanden, dass dies ihre letzte Chance sein würde, die Rebellion draußen zu halten. Einer kam mit zwei Klingen auf Ceres zu und sie setzte ihre beiden ihm Schlag für Schlag entgegen. Sie spürte die Kraft mit jedem Hieb, den sie mit einer Schnelligkeit abwehrte, der andere wohl kaum im Stande waren zu folgen. Dann rammte sie dem Wächter zwischen zwei Hieben ihre Klinge in die Kehle. Sie zog weiter, noch bevor er zusammengebrochen war und wehrte einen Axthieb ab, der einem Kampfherrn hätte gelten sollen.

Sie konnte nicht alle von ihnen retten. Ceres erblickte um sich scheinbar niemals endend wollende Auswüchse der Gewalt. Sie sah, wie einer der Kampfherren, der das Stadion überlebt hatte, an sich hinab auf ein Schwert blickte, das seine Brust durchbohrt hatte. Er langte nach dem Angreifer und versetzte ihm einen finalen Schlag mit seiner Klinge, während er selbst bereits zusammenbrach. Ceres sah einen anderen Mann gegen drei Wächter gleichzeitig kämpfen. Er tötete einen, doch noch bevor er seine Klinge wieder aus dem leblosen Körper ziehen konnte, wurde er von der Seite erstochen.

Ceres griff an und kämpfte die beiden Verbleibenden zu Boden. Der Kampf um das Rad, welches das Tor öffnen würde, stand kurz vor seiner unvermeidbaren Auflösung. Es war unvermeidbar, denn die Kampfherren sensten die Wächter wie reife auf die Ernte wartende Ähren nieder. Doch auch das machten die Gewalt und die Gefahr nicht weniger real. Ceres duckte sich gerade noch rechtzeitig unter einem Schlag hinweg und schleuderte den Angreifer zurück zu seinesgleichen. Sobald sie freie Bahn hatte, legte Ceres ihre Hände an das Rad und drehte es mit all der Kraft, die ihre Energie ihr gewährte. Sie hörte das Krächzen des Rades und das langsame Knarzen des sich auftuenden Tors.

Menschen strömten hinein, ergossen sich über den Innenhof. Ihr Vater und Bruder waren unter den ersten, die durch die Lücke kamen. Sie rannten auf sie zu, um sich ihr anzuschließen. Ceres gestikulierte mit ihrem Schwert.

„Verteilen!“ schrie sie. „Nehmt das Schloss ein. TГ¶tet nur die, die ihr wirklich tГ¶ten mГјsst. Jetzt ist die Zeit der Freiheit gekommen, nicht die des Schlachtens. Das Reich wird heute noch fallen!“

Ceres lief an die Spitze der Menge und geleitete sie in Richtung des Thronsaals. In Krisenzeiten würden sich die Menschen auf den Weg dorthin begeben, um herauszufinden, was vor sich ging und Ceres vermutete, dass die Machthaber des Schlosses dort so lange wie möglich dort bleiben und die Stellung halten würden.

Sie sah, wie es um sie zu Gewaltausbrüchen kam, die unmöglich unter Kontrolle gebracht werden konnten. Sie konnte nur versuchen, sie nicht weiter anzufachen. Sie sah, wie ein junger Adliger vor sie trat und die Menge sich auf ihn stürzte, um ihn mit einer Waffe, die der Einzelne gerade zur Hand hatte, niederzuknüppeln. Eine Dienerin kam ihnen in die Quere und wurde von ihnen erst gegen die Wand gedrückt und dann erstochen.

„Nein!“ schrie Ceres als sie sah, wie das gemeine Volk begann nach den Wandteppichen zu greifen oder den Adligen nachzujagen. „Wir sind hier, um dem ein Ende zu setzen, nicht um zu plГјndern!“

Doch in Wahrheit war es dafür bereits zu spät. Ceres sah, wie Rebellen einem der Bediensteten nachjagten, während andere nach den goldenen Verkleidungen griffen, mit denen das Schloss gefüllt war. Sie hatte den Stein ins Rollen gebracht, und nun konnte sie ihn mit bloßen Worten nicht wieder zum Stehen bringen.

Eine Einheit royaler Leibwächter stand vor den Türen zur Großen Halle. In ihren vergoldeten Rüstungen, auf denen sich Muskelberge abzeichneten, sahen sie angsteinflößend aus.

„Gebt auf und euch wird kein Leid geschehen“, versprach Ceres ihnen. Sie hoffte, dass sie dieses Versprechen wГјrde halten kГ¶nnen.

Die königlichen Leibwächter zögerten keine Sekunde. Sie zogen ihre Schwerter und griffen an. Innerhalb eines Augenblicks versank alles erneut im Chaos. Die Leibwächter gehörten zu den besten Kämpfern des Reiches. Ihre Fähigkeiten waren in stundenlangem Training feingeschliffen worden. Der Erste, der es auf sie abgesehen hatte, war so schnell, dass selbst Ceres Mühe hatte, rechtzeitig ihre Klinge zu heben, um den Hieb abzuwehren.

Sie parierte ihn erneut und versenkte ihre zweite Klinge an der Waffe des Leibwächters vorbei in dessen Kehle. Neben ihr konnte sie die Geräuschkulisse aus kämpfenden und sterbenden Menschen hören, doch sie wagte es nicht, sich umzusehen. Sie war zu sehr damit beschäftigt, einen anderen Gegner auszuschalten. Sie stieß ihn in das wuselnde Durcheinander.

Es ging hier nur darum, Körper auszuschalten. Schwerter ragten aus dem brausenden Meer menschlichen Fleisches. Sie sah, wie ein Mann gegen die Türen geschleudert wurde, die bloße Masse an Menschen zermalmte ihn. Im gleichen Zuge riss sie sie mit nach vorne.

Ceres wartete, bis sie nahe genug dran war, dann verpasste sie der Tür zum Großen Saal einen Tritt. Die Tore des Schlosses waren solide gewesen, doch unter der Gewalt ihrer Kräfte wurde die Tür aufgesprengt, sodass ihre Flügel zu beiden Seiten gegen die Wände krachten.

In der Großen Halle sah Ceres kleine Ansammlungen aus Adligen, die nicht sicher schienen, wohin sie nun gehen sollten. Sie hörte, wie einige adlige Damen schrien, als würden sie sich einer Horde aus Mördern gegenüber sehen. Aus ihrem Blickwinkel sahen sie wahrscheinlich genauso aus, vermutete Ceres.

Sie sah Königin Athena in ihrer Mitte stehen. Sie saß auf dem hohen Thron, den normalerweise der König besetzte und wurde von zwei großen Leibwächtern flankiert. Sie stürmten im Gleichschritt nach vorne, und Ceres trat auf sie zu, um sie abzupassen.

Ceres trat nicht nur auf sie zu, sie rollte sich förmlich nach vorne.

Sie warf sich selbst nach vorne, tauchte unter den tanzenden Klingen der Angreifer ab, drehte sich und kam in der gleichen weichen Bewegung wieder zum Stehen. Sie drehte sich um, schlug mit beiden Schwertern gleichzeitig zu und brachte genügend Kraft auf, die Rüstungen beider Leibwächter zu durchbohren. Sie fielen geräuschlos zu Boden.

Ein Geräusch jedoch erhob sich über das Getöse klirrender Klingen an der Tür: das Geräusch von Königin Athenas betont langsamen Applaus.

„Oh, sehr gut“, sagte sie, als Ceres sich zu ihr umdrehte. „Sehr elegant. WГјrdig eines jeden Hofnarren. Welchen Trick wirst du uns als nГ¤chstes darbieten?“

Ceres lieГџ sich nicht darauf ein. Sie wusste, dass Athena nichts als Worte blieben. NatГјrlich wГјrde sie nichts unversucht lassen.

„Als nГ¤chstes werde ich dem Reich ein Ende setzen“, sagte Ceres.

Sie sah, wie KГ¶nigin Athena sie mit einem bГ¶sen Funkeln bedachte. „Mit dir an seiner Stelle? Hier kommt das neue Reich, unverГ¤ndert zum alten.“

Das traf Ceres mehr, als sie es wollte. Sie hatte die Schreie der Adligen gehört, als sie und die Rebellen sich im Schloss wie ein Flächenbrand ausgebreitet hatten. Sie hatte gesehen, wie einige von ihnen niedergemetzelt worden waren.

„Ich bin nicht so wie sie“, sagte Ceres.

Die Königin antwortete nicht gleich. Sie lachte stattdessen und einige der Adligen stimmten mit ein, als folgten sie einer über lange Zeit antrainierten Gewohnheit, immer dann zu lachen, wenn die Königin sich über etwas belustigte. Andere wirkten eingeschüchtert und wichen zurück.

Dann spГјrte sie die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter. „Du bist ganz und gar nicht wie sie.“

Doch ihr blieb keine Zeit, weiter darГјber nachzudenken, denn die Menge um Ceres wurde bereits unruhig.

„Was sollen wir mit ihnen anstellen?“ fragte einer der Kampfherren.

Ein Rebell lieferte rasch eine Antwort. „Sie tГ¶ten!“

„TГ¶ten! TГ¶ten!“ Die Menge sang, und Ceres konnte sehen, wie sich der Hass in der Menge ausbreitete. Es erinnerte sie viel zu sehr an das Skandieren im Stadion, an den Hunger nach Blut. Das Einfordern.

Ein Mann trat nach vorne und lief mit einem Messer in der Hand auf eine der Adligen zu. Ceres reagierte instinktiv und dieses Mal war sie schnell genug. Sie raste in den angehenden Mörder, ließ ihn in hohem Bogen auf den Boden fliegen, so dass er erschrocken zu Ceres hinaufblickte.

„Es reicht!“ schrie Ceres und augenblicklich kehrte Stille im Raum ein.

Sie blickte sich um, funkelte sie an, sodass jeder, den ihr Blick traf, zurГјcktrat, Feinde wie VerbГјndete.

„Es ist genug Blut vergossen worden“, sagte sie. „Es reicht.“

„Was machen wir dann mit ihnen?“ fragte ein Rebell und deutete auf die Adligen. Er war offenbar mutiger als der Rest oder sein Hass auf den Adel einfach besonders groГџ.

„Wir nehmen sie fest“, sagte Ceres. „Vater, Sartes, kГ¶nnt ihr euch darum kГјmmern? Sorgt dafГјr, dass niemand sie umbringt oder irgendjemandem hier etwas zu Leide tut.“

Sie wusste, dass dies sehr leicht schiefgehen konnte. So viel Wut brodelte in den Menschen der Stadt und in jenen, die das Reich betrogen hatte. Es konnte leicht in ein Massaker umschlagen, dass einem Lucious würdig gewesen wäre. Ceres wollte sich lieber keine Vorstellung davon machen.

„Und was hast du jetzt vor?“ fragte Sartes sie.

Ceres verstand die Angst, die darin mitschwang. Ihr Bruder hatte wahrscheinlich geglaubt, dass sie hierbliebe, um alles in die Wege zu leiten, doch tatsächlich gab es niemanden, dem Ceres in dieser Sache mehr vertraut hätte als ihm.

„Ich muss den Rest des Schlosses unter unsere Kontrolle bringen“, sagte Ceres. „Hier entlang.“

„Ja“, unterbrach sie KГ¶nigin Athena. „Tauche deine HГ¤nde in noch mehr Blut. Wie viele Menschen sind heute fГјr deine sogenannten Ideale gestorben?“

Ceres hätte nicht darauf eingehen müssen. Sie hätte einfach gehen können, doch etwas an der Königin konnte sie unmöglich ignorieren. Wie eine Wunde, die noch nicht ganz verheilt war.

„Wie viele Menschen sind gestorben, damit ihr ihnen nehmen konntet, was immer ihr wolltet?“ konterte Ceres. „Ihr habt so viel Kraft investiert, um die Rebellion zu zerschlagen, anstatt ihr zuzuhГ¶ren und etwas zu lernen. Ihr habt so vielen Menschen Schmerzen zugefГјgt. DafГјr werdet ihr bezahlen.“

Sie sah, wie KГ¶nigin Athena gezwungen lГ¤chelte. „Zweifelsohne mit meinem Kopf.“

Ceres überhörte das und begann sich von ihr abzuwenden.

„Dennoch“, sagte KГ¶nigin Athena, „ich werde nicht die Einzige sein. Auch fГјr Thanos ist es bereits zu spГ¤t, meine Liebe.“

„Thanos?“ sagte Ceres. Dieser Name genГјgt, sie zum Stehen zu bringen. Sie drehte sich abermals zum Thron um, auf dem die KГ¶nigin noch immer saГџ. „Was hast du getan? Wo ist er?“

Sie sah, wie das LГ¤cheln der KГ¶nigin breiter wurde. „Du hast wirklich keine Ahnung, oder?“

Ceres spürte, wie Wut und Ungeduld in ihr die Oberhand gewannen. Nicht, weil die Königin ihr spottete, sondern wegen der Gefahr, die das für Thanos bedeuten konnte.

Die KГ¶nigin lachte erneut. Dieses Mal stimmte niemand mit ein. „Du bist den ganzen Weg hierher gekommen, und du bist nicht einmal im Bilde darГјber, dass dein Lieblingsprinz den KГ¶nig getГ¶tet hat.“

„Thanos wГјrde niemanden tГ¶ten!“ beharrte Ceres.

Sie wusste nicht einmal, warum sie das eigentlich sagte. Niemand konnte ernsthaft glauben, dass Thanos so etwas tun konnte!

„Er wird trotzdem dafГјr sterben“, antwortete KГ¶nigin Athena mit einer Ruhe, die Ceres auf sie zustГјrmen lieГџ, um ihr eine Klinge an den Hals zu drГјcken.

In diesem Moment waren alle Gedanken an ein Ende der Gewalt vergessen.

„Wo ist er?“ fragte sie. „Wo ist er?“

Sie sah, wie die Königin erbleichte, und ein Teil von Ceres freute sich darüber. Königin Athena verdiente es, Angst zu haben.

„Der sГјdliche Hof. Er wartet auf seine Hinrichtung. Du wirst sehen, du bist keinen Deut besser als wir.“

Ceres schleuderte sie vom Thron auf den Boden. „Kann sie jemand wegbringen, bevor ich etwas mit ihr anstelle, das ich bereuen werde?“

Ceres rannte aus dem Saal und bahnte sich ihren Weg durch das Kampfgedränge. Hinter ihr hörte sie das Gelächter von Königin Athena.

„Du wirst zu spГ¤t kommen! Du wirst ihn nicht mehr retten kГ¶nnen.“




KAPITEL SIEBEN


Stephania beobachtete im Sitzen den Horizont und versuchte das Schaukeln des Schiffs so gut es eben ging zu ignorieren. Sie wartete auf den Moment, in dem sie den Kapitän des Boots würde töten können.

Dass sie es tun musste, stand außer Frage. Felene war wie ein Geschenk der Götter gewesen, als Stephania und ihre Zofe auf sie in Delos gestoßen waren. Felene hatte ihnen ermöglicht, Delos zu verlassen und den Weg nach Felldust zu finden. Von Thanos gesandt.

Doch weil sie zu Thanos gehörte, würde sie sterben müssen. Die Tatsache, dass sie treu genug gewesen war, sie bis hierher zu bringen, zeigte, dass sie zu treu war, um ihr das anzuvertrauen, was Stephania als Nächstes zu tun gedachte. Die einzige Frage war der Zeitpunkt.

Der war ein Balanceakt. Stephania blickte auf und sah die über ihr fliegenden Seevögel.

„Sie sind ein Zeichen dafГјr, dass wir uns dem Ufer nГ¤hern, oder?“ fragte sie.

„Sehr gut, Prinzessin“, sagte Felene. Sie lieГџ von Elethe ab, der sie gerade aus nГ¤chster NГ¤he versucht hatte, das Fischen vom Bug aus beizubringen. Die Laxheit ihrer Ansprache Г¤rgerte Stephania, doch sie tat ihr bestes, ihren Г„rger zu verbergen.

„Also sind wir bald da?“

„Noch eine kleine Weile und wir sollten Land sehen“, sagte Felene. „Danach noch eine weitere Weile und dann erreichen wir das Fischerdorf, in dem wir die Leute von Elethes Onkel finden sollten. Warum? Keine Lust mehr zu kotzen?“

„Es gibt tatsГ¤chlich viele Dinge, auf die ich Lust hГ¤tte“, antwortete Stephania. Fester Boden unter den FГјГџen gehГ¶rte zweifelsohne dazu. MorgenГјbelkeit vertrug sich nicht sonderlich gut mit Seekrankheit.

Das war nur einer der Gründe, weshalb sie Felene besser früher als später töten musste. Früher oder später würde sie bemerken, dass Stephania schwanger war, und das widersprach der von ihr erzählten Geschichte über Lucious, und wie er sie gezwungen hatte, sein Gift zu nehmen.

Wann sollte es sein? In Stephanias Augen war ihre Schwangerschaft kaum noch zu übersehen. Ihr Kleid spannte über dem wachsenden Bauch; ihr Körper hatte sich auf so viele Arten verändert, seitdem Leben in ihr wuchs. Sie legte wie automatisch eine Hand auf ihren Unterbauch, so als wolle sie das Leben dort drinnen beschützen, es wachsen lassen, dass es stark würde. Felenes volle Aufmerksamkeit richtete sich noch immer auf Elethe. So leicht fiel sie einem hübschen Gesicht zum Opfer.

Das war ein weiterer Faktor, den sie bei der Bemessung des Zeitpunkts mit einbeziehen musste. Sie musste warten bis sie nahe genug am Land waren, doch wenn sie zu lange wartete, lief sie Gefahr, dass sich die Loyalitätsverhältnisse ihrer Zofe verlagerten. So nützlich Felene auch war, Elethe würde weitaus nützlicher sein, wenn es darum ging, den Zauberer ausfindig zu machen. Doch nicht nur das, die Zofe gehörte ihr.

Vorerst musste Stephania jedoch weiterwarten, denn sie wollte den Kahn nicht steuern, solange kein Land in Sicht war. Sie wartete und beobachtete, wie Felene ihrer Zofe half, einen zappelnden Fisch an Bord zu ziehen. Sie schnitt ihm den Kopf mit einem Г¤uГџerst scharf aussehenden Messer ab. Dass sie Stephania dabei einen Blick zuwarf, verriet dieser, dass ihr die Zeit davonlief.

Das, was sie dort trieb, fachte Stephanias Entschluss nur noch weiter an. Auf Felldust wartete der Zauberer, der Uralte getötet hatte. Felldust würde ihr einen Weg aufzeigen, Ceres auszuschalten. Danach... Danach konnte sie sich um Thanos kümmern und ihr Kind in eine Waffe gegen ihn verwandeln.

„So weit hГ¤tte es gar nicht kommen mГјssen“, sagte Stephania und stand auf, sodass sie Гјber die Reling blicken konnte.

„Was hast du gesagt, Prinzessin?“ fragte Felene.

„Ich habe gesagt, ist das Land dort drГјben?“ fragte Stephania.

Tatsächlich erhob sich der schwarze Dunst, der Felldusts Küste ankündigte, dort am Horizont. Erst war er nichts als eine schwache Linie, die sich wie eine steinige Sonne über die Wellen erhob, doch dann konnte Stephania sie klar ausmachen.

„Ahoi“, sagte Felene und trat an die Reling, um besser Ausschau halten zu kГ¶nnen. „Schon bald wirst du heil und sicher an Land sein, Prinzessin.“

Stephanias Hand verschwand in ihrem Mantel. Mit der nur Giftbrauern eigenen groГџen Vorsicht umschloss ihre Hand einen Pfeil. „Felene, es gibt etwas, das ich dir seit Anbeginn unserer Reise sagen wollte.“

„Worum geht’s, Prinzessin?“ fragte Felene mit einem spГ¶ttischen Grinsen.

„Ganz einfach“, sagte Stephania mit einem ebenso breiten Grinsen. „Nenn mich nicht Prinzessin!“

Ihre Hand schoss hervor und der Pfeil blitzte in der Sonne als er sich in Richtung von Felenes exponiertem Gesicht machte.

Schmerz flammte in ihrem Handgelenk auf und Stephania brauchte einen Moment, bis sie erkannte, dass Felene ihren Ellenbogen hatte hochschnellen lassen, um ihn Stephanias Arm entgegenzusetzen. Stephanias Hand sprang auf und sie musste mit ansehen, wie der Pfeil Гјber Bord ging.

Schon brannte ihre Wange, nachdem Felene ihr so hart ins Gesicht geschlagen hatte, dass Stephania zurücktaumelte. Das war nicht der vorsichtige Hieb eines adligen Mädchens. Das war die Ohrfeige eines Matrosen, der Kraft genug hatte, Stephania damit auf die Planken des Decks zu befördern.

„Glaubst du etwa, ich wГ¤re dumm?“ fragte Felene. „Glaubst du etwa, ich wГјrde nicht wissen, dass du auf diesen Moment seit unserer Abreise hingearbeitet hГ¤ttest?“

„Ich – “ begann Stephania, doch das Brausen in ihren Ohren lieГџ sie nicht fortfahren.

„Du hast GlГјck, dass du Thanos’ Kind in dir trГ¤gst, sonst wГјrde ich dich jetzt an die Haie verfГјttern!“ zischte Felene. „Oh ja, ich habe die Zeichen bemerkt! Und jetzt ringe ich gerade mit mir, ob ich dich an einen Sklavenhalter verkaufen soll oder dich nach der Geburt von Thanos’ Kind gleich tГ¶ten soll, oder vielleicht sollte ich einfach sagen, dumm gelaufen, wir fahren zurГјck nach Delos!“

Stephania begann sich wieder aufzurichten, doch Felene stieГџ sie zurГјck. „Oh nein, Prinzessin, du bleibst schГ¶n, wo du bist. So ist es fГјr uns alle am sichersten bis ich genug Seil aufgetrieben habe, dich an den Mast zu binden.“

Stephania blickte an ihr vorbei zu Elethe. Sie nickte ihr kaum merklich zu und hoffte, dass dies genГјgen wГјrde.

Das tat es. Ihre Zofe zog eine kurze gebogene Klinge hervor und sprang nach vorne. Doch Felene schien auch auf das gefasst, denn sie wirbelte herum und parierte mit ihrem eigenen Messer in der Hand den ersten Schlag.

„Armselig“, sagte Felene. „Wir hГ¤tten noch so viel SpaГџ zusammen haben kГ¶nnen. Ich habe die Gefangeneninsel Гјberlebt. Glaubst du, ich wГјrde damit nicht fertig?“

Stephania musste sich setzen, nicht nur weil ihr Kopf noch immer von Felenes Schlag brummte, sondern um den Kampf einen Moment lang zu bewundern. Normalerweise nahm sie sich keine Zeit für die Kunst der Klingen oder die sorgsam trainierten Fähigkeiten der Krieger. Doch diese zwei ließen während ihres Kampfes die Klingen in der Sonne tanzen. Hände fingen die Arme der anderen und suchten nach einem Weg die Oberhand zu gewinnen. Stephania sah, wie Felene erst zu einem Tritt ausholte und dann vor einem Schlag zurückwich. Sie trat nah an Elethe heran, rang mit ihr, während beide versuchten sich gegenseitig den finalen Hieb zu versetzen.

Das war der Moment, in dem Stephania sich erhob und ihr Messer zog. Sie rammte es Felene in den RГјcken.

Stephania sah, wie sie auf die Knie sank. In ihrem Gesicht spiegelte sich Гњberraschung als ihr Finger die Wunde abtasteten. Ihr Messer schlitterte Гјber das Deck, als sich ihre Finger Г¶ffneten.

„Ich war nicht auf der Gefangeneninsel“, sagte Stephania. „Wer von uns beiden ist nun die Dumme?“

Felene drehte sich zu ihr um, doch Stephania konnte sehen, dass es sie groГџe Anstrengungen kostete. Stephania grinste Elethe an.

„Gut gemacht. Deine Treue wird belohnt werden. Wir sollten ihr jetzt den Hals durchschneiden und sie Гјber Bord werfen. Wir kГ¶nnen in Felldust nicht mit einer Leiche auftauchen und nach allem, was sie getan hat, wirst auch du Rache wollen.“

Stephania sah, wie Elethe zögerte, bevor sie nickte. Doch das war nicht verwunderlich. Nicht jeder konnte so pragmatisch sein wie sie. Stephania konnte es verstehen, und Elethe hatte ihre Loyalität mehr als bewiesen. Vielleicht würde sie es selbst tun. Schließlich war Felene nicht mehr bewaffnet.

Stephania tat einen Schritt auf sie zu.

„Bis du mich geschlagen hast, war das hier keine persГ¶nliche Angelegenheit“, sagte sie. „Es war schlicht notwendig. Doch jetzt... in den sГјdlichen Gebieten gibt es ein Gift, das tГ¶tet, indem es alle Muskeln steif werden lГ¤sst. Die richtige Dosis jedoch ist alles andere als tГ¶dlich und tut nichts als den anderen zu lГ¤hmen. Willst du eine Kostprobe bevor ich dich ins Meer werfe?“

Sie tat einen weiteren Schritt auf sie zu und Felene quälte sich auf die Füße. Doch das war egal; mit Elethes Hilfe würde sie leicht auch ein zweites Mal zu überwältigen sein.

„Nein, ich schulde dir mehr als das, dafГјr dass du uns bis hierher gebracht hast. Ein sauberer Schnitt durch die Kehle.“

Sie sah, wie Felenes Körper sich anspannte, so als würde sie ihre letzte Kraft zusammennehmen, um sich noch ein letztes Mal auf sie zu stürzen. Stephania machte sich bereit und brachte sich für diesen letzten Kampf in Stellung.




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