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Гњbermittlung
Morgan Rice


Chronik der Invasion #1
ÜBERMITTLUNG ist fesselnd, unerwartet und fest verwurzelt in starken psychologischen Profilen, die mit Thriller- und Science-Fiction-Elementen unterlegt sind: Was kann man sich mehr wünschen? (Außer der schnellen Veröffentlichung von Buch Zwei, Ankunft. ) Von der Nr. 1 Fantasy-Bestseller Autorin Morgan Rice stammt dieses lang erwartete Science-Fiction-Serien Debüt. SETI erhält endlich ein Signal von einer fremden Zivilisation, doch was passiert als Nächstes?Ein 13-jähriger Junge, der an einer seltenen tödlichen Hirnerkrankung leidet, ist der Einzige, der Signale aus dem Weltraum hören und entschlüsseln kann. SETI bestätigt, dass es sich um ein echtes Signal handelt. Was ist die Botschaft? Wie wird die Welt reagieren? Und vor allem: Kommen jetzt die Außerirdischen?Eine tolle Handlung, die Art von Buch, die Sie abends kaum weglegen können. Das Ende war eine spannende Konstellation, so spektakulär, dass Sie sofort das nächste Buch kaufen wollen, um zu erfahren, wie es weitergeht. -The Dallas Examiner (über Love) Eine weitere tolle Reihe lässt uns in eine Fantasie voll von Ehre, Mut, Magie und Glauben an unser Schicksal eintauchen − empfohlen für die Bücherei von allen Lesern, die gut geschriebene Fantasy lieben. -Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (über Rise of the Dragons) Schnelles und leichtes Lesen … Sie werden lesen wollen, was als Nächstes passiert und Sie wollen das Buch nicht wieder weglegen. -FantasyOnline. net (über A Quest of Heroes) Aktionsgeladen … Rice schreibt solide und verspricht Faszinierendes. -Publishers Weekly (über A Quest of Heroes) Überragende Fantasy − ein empfehlenswertes Buch für alle, die epische Fantasy-Romane mögen, bei denen es um mächtige, glaubhafte junge, erwachsene Protagonisten geht. Midwest Book Review (über Rise of the Dragons) Eine aktionsgeladene Fantasy, die sicherlich sowohl die Fans von Morgan Rices vorherigen Romanen als auch die Fans von Büchern wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini faszinieren wird. Begeisterte Leser von Literatur für Junge Erwachsene werden dieses neuste Werk von Rice schätzen und mehr lesen wollen. -The Wanderer, A Literay Journal (über Rise of the Dagons) Buch Zwei der Serie – ANKUNFT – ist bereits als Vorbestellung erhältlich! Ebenfalls erhältlich: Eine große Auswahl an Fantasy-Reihen von Morgan Rice, einschließlich A QUEST OF HEROES (BUCH 1 von THE SORCERER’S RING), der als kostenloser Download zur Verfügung steht und mehr als 1300 Mal mit fünf Sternen bewertet wurde!





Morgan Rice

ГњBERMITTLUNG




Гњber Morgan Rice

Morgan Rice ist #1 Bestseller und der Bestseller Autor von USA Today der epischen Fantasy-Reihe DER RING DER ZAUBEREI, die aus siebzehn Büchern besteht; von der #1 Bestseller Reihe DER WEG DER VAMPIRE, die aus zwölf Büchern besteht; der #1 Bestseller Reihe DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS, ein postapokalyptischer Thriller, der aus drei Büchern besteht, die epische Fantasie Reihe VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN, die aus sechs Büchern besteht; der epischen Fantasie Reihe FÜR RUHM UND KRONE, die aus 8 Büchern besteht Fantasie Reihe EIN TRHON FÜR SCHWESTERN, die aus fünf Büchern besteht (andauernd); und die neue Science-Fiction-Reihe CHRONIK DER INVASION. Morgans Bücher sind in Audio und Druckausgabe und in 25 Sprachen übersetzt erhältlich.

Morgan hört gerne von Ihnen, schauen Sie also gerne einmal bei www.morganricebooks.com (http://www.morganricebooks.com/) vorbei und melden Sie sich für die Mailingliste an. Erhalten Sie ein kostenloses Buch, kostenlose Werbegeschenke, laden Sie sich eine kostenlose App herunter, erhalten Sie die neusten exklusiven Nachrichten, verbinden Sie sich bei Facebook und Twitter und bleiben Sie in Kontakt!



Resonanz auf BГјcher von Morgan Rice

„Wenn Sie dachten, dass es nach dem letzten Teil von THE SORCERER’S RING keinen Grund mehr gibt weiterzuleben, dann haben Sie falsch gedacht. Mit RISE OF THE DRAGONS hat Morgan Rice den Auftakt zu einer vielversprechenden neuen Romanreihe geschaffen, in der sie uns in eine Fantasy-Welt voller Trolle und Drachen, Heldenmut, Ehre, Tapferkeit, Magie und Vertrauen versetzt. Wieder hat Morgan es geschafft, ein starkes Set von Protagonisten zu erschaffen, das den Leser mit jeder Seite aufs Neue überzeugt … Diese Romanreihe ist für jede Büchersammlung überzeugter Fantasy-Leser absolut empfehlenswert.“

–-Buch- und Filmrezensionen

Roberto Mattos



„Action-geladene Fantasy, die allen Fans von Morgan Rice Geschichten definitiv gefällt, aber auch Fans von Werken wie THE INHERITANCE CYCLE von Christopher Paolini … und Fans von Fantasy für junge Erwachsene werden dieses neueste Werk von Rice verschlingen und um mehr betteln.“

--The Wanderer, Ein Literaturjournal (Гјber Rise of the Dragons)



„Fantasy mit Geist, bei der auch Elemente von Mystery und Intrigen in den Handlungsstrang verwoben sind. In A Quest of Heroes geht es um Courage und um die Erkenntnis, dass der Sinn des Lebens in persönlicher Entfaltung, Reife und Vortrefflichkeit besteht … Für alle, die gehaltvolle Fantasy-Abenteuer lieben, bieten die Protagonisten, die einzelnen Elemente und die Action eine lebhafte Mischung von Begegnungen, die sich um Thors Entwicklung von einem verträumten Kind zu einem jungen Erwachsenen drehen, dessen Überleben schier unmöglich scheint … Der Beginn einer vielversprechenden, epischen Reihe für junge Erwachsene.“

--Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)



„THE SORCERER’S RING besitzt alle Zutaten für einen unmittelbaren Erfolg: Plots und Gegenplots, Mystery, tapfere Ritter, aufblühende Beziehungen und gebrochene Herzen, Täuschung und Betrug. Dieses Buch unterhält den Leser über Stunden hinweg und findet Anklang bei allen Altersgruppen. Für jede Fantasy-Sammlung nur zu empfehlen.“

–-Buch- und Filmrezensionen, Roberto Mattos



„In diesem Action-geladenen ersten Buch der epischen Fantasy-Reihe THE SORCERER’S RING (derzeit bestehend aus vierzehn Teilen) stellt Rice dem Leser den vierzehnjährigen Thorgrin „Thor“ McLeod vor, der davon träumt, der Silbernen Legion beizutreten – einer elitären Gruppe von Rittern, die dem König dienen … Rices Schreibstil ist solide, die Ausgangssituation fesselnd.“

–-Publishers Weekly



BГјcher von Morgan Rice




CHRONIK DER INVASION


ГњBERMITTLUNG (Buch 1)


ANKUNFT (Buch 2)


STEIGFLUG (Buch 3)




OLIVER BLUE UND DIE SCHULE FГњR SEHER


DIE ZAUBERFABRIK (Buch 1)


DIE KUGEL VON KANDRA (Buch 2)


DIE OBSIDIANE (Buch 3)




EIN THRON FГњR SCHWESTERN


EIN THRON FГњR SCHWESTERN (Buch 1)


EIN GERICHT FГњR DIEBE (Buch 2)


EIN LIED FГњR WAISEN (Buch 3)


EIN KLAGELIED FГњR PRINZEN (Buch 4)


EIN JUWEL FГњR KГ–NIGE (Buch 5)


EIN KUSS FГњR KГ–NIGINNEN (Buch 6)




FГњR RUHM UND KRONE


SLAVIN, KRIEGERIN, KГ–NIGIN (Buch 1)


SCHURKIN, GEFANGENE, PRINZESSIN (Buch 2)


RITTER, THRONFOLGER, PRINZ (Buch 3)


REBELL, SCHACHFIGUR, KГ–NIG (Buch 4)


SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER (Buch 5)


HELD, VERRГ„TER, TOCHTER (Buch 6)


HERRSCHER, RIVALE, VERBANNTE (Buch 7)


SIEGER, BESIEGTER, SOHN (Buch 8)




VON KГ–NIGEN UND ZAUBERERN


DER AUFSTAND DER DRACHEN (Buch 1)


DER AUFSTAND DER TAPFEREN (Buch 2)


DAS GEWICHT DER EHRE (Buch 3)


DIE SCHMIEDE DES MUTS (Buch 4)


EIN REICH DER SCHATTEN (Buch 5)


DIE NACHT DER VERWEGENEN (Buch 6)




DER RING DER ZAUBEREI


QUESTE DER HELDEN (Buch 1)


MARSCH DER KГ–NIGE (Buch 2)


FESTMAHL DER DRACHEN (Buch 3)


KAMPF DER EHRE (Buch 4)


SCHWUR DES RUHMS (Buch 5)


ANGRIFF DER TAPFERKEIT (Buch 6)


RITUS DER SCHWERTER (Buch 7)


GEWГ„HR DER WAFFEN (Buch 8)


HIMMEL DER ZAUBER (Buch 9)


MEER DER SCHILDE (Buch 10)


REGENTSCHAFT DES STAHLS (Buch 11)


LAND DES FEUERS (Buch 12)


DIE HERRSCHAFT DER KГ–NIGINNEN (Buch 13)


DER EID DER BRГњDER (Buch 14)


DER TRAUM DER STERBLICHEN (Buch 15)


DAS TOURNIER DER RITTER (Buch 16)


DAS GESCHENK DER SCHLACHT (Buch 17)




DIE TRILOGIE DES ГњBERLEBENS


ARENA EINS: DIE SKLAVENTREIBER (Buch 1)


ARENA ZWEI (Buch 2)


ARENA DREI (Buch 3)




GEFALLENE VAMPIRE


VOR DEM MORGENGRAUEN (Buch 1)




DER WEG DER VAMPIRE


GEWANDELT (Buch 1)


VERGГ–TTERT (Buch 2)


VERRATEN (Buch 3)


BESTIMMT (Buch 4)


BEGEHRT (Buch 5)


VERMГ„HLT (Buch 6)


GELOBT (Buch 7)


GEFUNDEN (Buch 8)


ERWECKT (Buch 9)


ERSEHNT (Buch 10)


BERUFEN (Buch 11)


BESESSEN (Buch 12)



Wussten Sie, dass ich noch weitere Serien geschrieben habe? Wenn Sie noch nicht alle meine BГјcher gelesen haben, klicken Sie auf ein Coverbild und holen Sie sich den Serienauftakt!






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Copyright © 2017 by Morgan Rice. Alle Rechte vorbehalten. Außer mit Genehmigung unter dem U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Veröffentlichung vervielfältigt, weitergegeben oder in jedweder Form durch jegliche Mittel übertragen oder in einer Datenbank oder einem Speichersystem gespeichert werden, ohne ausdrückliche Genehmigung des Autors. Dieses E-Book ist rein für Ihre persönliche Unterhaltung lizenziert.  Dieses E-Book darf nicht weiterverkauft oder an andere Leser weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch gerne mit anderen Personen teilen möchten, erwerben Sie bitte eine weitere Kopie für jeden weiteren Leser. Wenn Sie dieses E-Book lesen, ohne eine eigene Kopie erworben zu haben, geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit des Autors respektieren. Dieses Buch beruht auf Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Gegebenheiten sind entweder vom Autor ausgedacht oder fiktional verwendet. Jede Ähnlichkeit zu real existierenden Personen, lebend oder verstorben, ist absolut zufällig.




KAPITEL EINS


Kevin war sich ziemlich sicher, dass man mit dreizehn nicht gesagt bekommen sollte, dass man sterben wГјrde. Es gab wahrscheinlich keinen guten Zeitpunkt dafГјr, um fair zu sein, aber es war definitiv nicht richtig, wenn man dreizehn war.

„Kevin“, sagte Dr. Markham und lehnte sich in seinem Stuhl nach vorne, „verstehst du, was ich dir sage? Hast du irgendwelche Fragen? Sie vielleicht, Ms. McKenzie?“

Kevin schaute zu seiner Mutter und hoffte, dass sie vielleicht eine Idee hatte, was man darauf antworten sollte. Er hoffte, dass er vielleicht alles falsch verstanden hatte und sie es erklären würde. Sie war klein und schlank, mit dem starken Wesen von jemandem, der hart gearbeitet hatte, um ihren Sohn alleine in Walnut Creek, Kalifornien großzuziehen. Kevin war bereits größer als sie und einmal, nur einmal hatte sie gesagt, dass er wie sein Vater aussah.

Im Moment sah es jedoch aus, als wenn sie versuchte, ihre Tränen zurückzuhalten.

„Sind Sie sicher, dass das kein Irrtum ist?“, fragte sie. „Wir sind nur wegen der Dinge, die Kevin sieht, zum Arzt gegangen.“

Die Dinge, die er sah. Das war so eine nette Art es zu sagen, als wenn das ganze Gerede darüber es noch schlimmer machte oder mehr dabei herauskommen würde. Als Kevin seiner Mutter zum ersten Mal davon erzählt hatte, hatte sie ihn angestarrt und ihm dann gesagt, er solle das ignorieren. Als er dann in Ohnmacht gefallen und daraus wieder aufgewacht war, hatte einen Termin beim Familienarzt.

Sie waren dann vom Arzt für weitere Tests schnell ins Krankenhaus geschickt worden und dann in Dr. Markhams Büro, das ganz in Weiß gehalten und mit Erinnerungen gefüllt war, die von Reisen in alle Ecken der Welt zu stammen schienen. Als Kevin zum ersten Mal hier hereingekommen war, hatte es sich angefühlt, als wenn es ein Versuch wäre, einen kalten, klinischen Raum heimisch zu gestalten. Jetzt dachte er, dass Dr. Markham vielleicht gerne daran erinnert wurde, dass es ein Leben gab, in dem man den Menschen nicht sagen musste, dass sie starben.

„Halluzinationen können ein Faktor sein, wenn es um Krankheiten wie diese geht“, sagte Dr. Markham in einem vorsichtigen Ton.

Halluzinationen schienen für Kevin nicht das richtige Wort, um seine Visionen zu beschreiben. Das klang, als wenn sie nicht echt waren, als wären sie Geister. Aber die Dinge, die er sah, schienen die Welt zu erfüllen, wenn sie kamen. Bilder von Landschaften, die er nie gesehen hatte, Andeutungen von Horizonten.

Und natГјrlich die Zahlen.

„23h 06m 29.283s – 05° 02� 28.59“, sagte er. „Das muss etwas bedeuten. Es muss einfach.“

Dr. Markham schüttelte seinen Kopf. „Ich bin mir sicher, dass es sich so anfühlt, Kevin. Ich bin mir sicher, dass es dir lieber wäre, wenn all das hier eine Bedeutung hätte, aber im Moment, musst du einfach nur verstehen, was mit dir passiert.“

Das war der Teil, warum Kevin seiner Mutter überhaupt erst davon erzählt hatte. Es hatte ihn Wochen gekostet, ehe er sie überzeugen konnte, dass er keine Witze machte oder irgendein Spiel spielte. Sie war sich anfangs sicher gewesen, dass er es nicht ernst meinte. Als die Kopfschmerzen anfingen, hatte sie es ein wenig ernster genommen und ihn einen Tag zu Hause gelassen, als der Schmerz ihn lahmgelegt hatte. Als er das erste Mal zusammengebrochen war, hatte sie ihn sofort zum Arzt geschleppt.

„Was passiert mit mir?“, fragte Kevin. Das Merkwürdige daran war, wie ruhig er sich fühlte – na ja, nicht ruhig. Vielleicht eher taub. Taub war wahrscheinlich das richtige Wort dafür. Seine Mutter sah aus, als wenn sie kurz davor war, zusammenzubrechen, aber für Kevin schien das alles viel zu weit weg und er wartete immer noch darauf, dass es bei ihm ankam.

„Du hast eine Art degenerative Erkrankung des Gehirns, bekannt als Leukodystrophie“, erklärte Dr. Markham. „Hier, ich werde es dir aufschreiben, wenn du willst.“

„Aber davon habe ich noch nie gehört“, sagte Kevins Mutter mit dem Ton von jemandem, für den das einfach nicht wahr sein konnte. Er konnte die Tränen sehen, die sie zurückzuhalten versuchte. „Wie kann mein Sohn etwas haben, von dem man noch nie gehört hat?“

Seine Mutter so zu sehen, war vielleicht der schwerste Teil daran für Kevin. Sie war immer so stark gewesen. Er hatte nie ein Problem gehabt, dass sie nicht hatte lösen können. Er nahm an, dass ihre Gedanken in die gleiche Richtung gingen.

„Es ist eine sehr seltene Krankheit, Ms. McKenzie“, sagte Dr. Markham. „Oder eher eine Sammlung von Krankheiten, von denen sich jede anders zeigt. Es gibt verschiedene Formen, von denen jede durch eine genetische Anomalie verursacht wird, die die weiße Substanz − das, was wir die Myelinscheide nennen − des Gehirns betrifft. Es sind normalerweise nur ein paar hundert Personen von dieser Krankheit betroffen.“

„Wenn Sie wissen, was diese Krankheit verursacht, können Sie dann nicht irgendetwas machen?“, fragte Kevins Mutter. „Gibt es eine Gentherapie oder so etwas?“

Kevin hatte seine Mutter im Internet nachschauen sehen. Jetzt wusste er, wonach sie gesucht hatte. Sie hatte nichts gesagt, aber vielleicht hatte sie gehofft, dass sie falsch lag. Vielleicht hatte sie darauf gehofft, dass sie etwas Гјbersehen hatte.

„Es gibt Therapien, die für einige Arten der Leukodystrophie infrage kommen“, erklärte Dr. Markham. Er schüttelte seinen Kopf. „Und wir hoffen, dass sie in der Zukunft helfen werden, aber in Kevins Fall gibt es keine standardisierte Behandlung. Die traurige Wahrheit ist: je seltener die Krankheit ist, umso weniger wird sie erforscht, weil umso weniger finanzielle Mittel für die Forschung bereitgestellt werden.“

„Es muss doch etwas geben“, sagte seine Mutter. „Irgendwelche Versuchsmöglichkeiten, eine Studie …“ Kevin legte seine Hand über die seiner Mutter. Es war merkwürdig, dass ihre Hände schon fast gleich groß waren.

„Es ist okay Mama“, sagte er und versuchte, so zu klingen, als hätte er alles unter Kontrolle.

„Nein, ist es nicht.“ Seine Mutter sah aus, als wenn sie der Schock über das Alles zerreißen würde. „Wenn es nichts gibt, was machen wir dann als Nächstes?“

„Wir werden Behandlungen nutzen, die uns zur Verfügung stehen, um Kevin die bestmögliche Lebensqualität zu geben“, erklärte Dr. Markham. „Für die Zeit, die ihm noch verbleibt. Es tut mir leid, ich wünschte, ich hätte bessere Nachrichten.“

Kevin sah, wie seine Mutter sich zwang, tapfer zu sein, sie riss sich ein wenig zusammen. Er konnte sehen, dass sie es ihm zu liebe tat und er fГјhlte sich schon fast schuldig, dass sie das musste.

„Was bedeutet das?“, fragte sie. „Was genau schlagen Sie für Kevins Behandlung vor?“

„Ich werde ihm Tabletten verschreiben, um den Schmerz zu lindern“, erwiderte Dr. Markham, „und um die Chancen der Vergrößerung zu reduzieren. Kevin, ich weiß, Halluzinationen können irreführend sein, also möchte ich gerne, dass du mit jemandem über Techniken sprichst, damit umzugehen und wie du am besten darauf reagieren kannst.“

„Sie wollen, dass Kevin zu einer Psychologin geht?“, fragte seine Mutter.

„Linda Yalestrom ist Expertin darin Menschen, besonders jungen Menschen, zu helfen, mit den Symptomen  umzugehen, welche diese seltene Krankheit verursachen kann“, erwiderte Dr. Markham.

„Ich empfehle Ihnen, Kevin zu ihr zu bringen – in Anbetracht der Dinge, die er sieht.“

„Es sind nicht nur Halluzinationen“, widersprach Kevin. Er war sich sicher, dass es mehr als das war.

„Ich bin sicher, dass es sich so anfühlt“, sagte Dr. Markham. „Dr. Yalestrom kann dir vielleicht helfen.“

„Was immer … was immer Sie glauben, dass es das Beste ist“, sagte Kevins Mutter. Kevin konnte sehen, dass sie nichts mehr wollte, als hier herauszukommen. Es gab jedoch noch etwas, das er wissen musste, etwas Offensichtliches, bei dem er das Gefühl hatte, das er vielleicht fragen sollte, auch wenn er die Antwort nicht wirklich hören wollte.

„Wie lange?“, fragte er. „Ich meine, wie viel Zeit habe ich, bis ich … sterbe?“

Das war immer noch schwer auszusprechen. Kevin selbst hoffte, dass das alles nur ein Fehler wäre, sogar jetzt, aber er wusste, dass dem nicht so war. Es konnte nicht sein.

„Es ist unmöglich, das mit Sicherheit zu sagen“, sagte Dr. Markham. „Das Fortschreiten bei Leukodystrophie kann variieren, jeder Fall ist anders.“

„Wie lange?“, wiederholte Kevin.

„Vielleicht sechs Monate“, sagte Dr. Markham und breitete seine Hände aus. „Es tut mir leid, Kevin. Ich kann es nicht genauer sagen.“


***

Kevin und seine Mutter gingen nach Hause, seine Mutter fuhr so vorsichtig, wie jemand der wusste, dass er wahrscheinlich zusammenbrechen würde, wenn er sich nicht ganz konzentrierte. Für den größten Teil der Fahrt zu dem Vorort, in dem sie wohnten, waren sie still. Kevin war sich nicht sicher, was er sagen sollte.

Seine Mutter sprach zuerst. „Wir werden etwas finden“, sagte sie. „Wir werden einen anderen Arzt finden und eine zweite Meinung einholen. Wir werden jede Behandlung ausprobieren, die wir finden können.“

„Das kannst du dir nicht leisten“, erwiderte Kevin. Seine Mutter arbeitete hart in ihrem Job in einer Marketing-Agentur, aber sie hatten nur ein kleines Haus und Kevin wusste, dass ihr Einkommen sie gerade so über Wasser hielt. Er versuchte, nicht allzu oft nach Extras zu fragen, weil seine Mutter dann nur traurig wurde, wenn sie kein Geld dafür hatten. Er hasste es, seine Mutter jetzt so zu sehen, das machte es ihm nur noch schwerer.

„Glaubst du, das macht mir etwas aus?“, fragte seine Mutter. Kevin konnte die Tränen sehen, die aus ihren Augen kullerten. „Du bist mein Sohn und du stirbst und … ich kann nicht … ich kann dich nicht retten.“ „Du musst mich nicht retten“, sagte Kevin, obwohl er wünschte, dass sie es könnte. Er wünschte sich, dass jemand kommen und all das beenden würde.

Die Bedeutung, von dem, was Dr. Markham gesagt hatte, kam langsam bei ihm an. Sechs Monate, das würde bedeuten, noch vor dem Ende des Schuljahres. Bis dahin würde er tot sein. Weg. Alles, worauf er sich gefreut hatte, würde nur von kurzer Dauer sein. Alles, worauf er in der Zukunft gehofft hatte, würde von der Tatsache zerstört werden, dass es keine Zukunft für ihn geben würde.

Kevin war sich nicht sicher, wie er sich dabei fГјhlen sollte. Traurig, ja, weil das die Art von Nachricht war, bei der man sich traurig fГјhlen sollte und natГјrlich, weil er nicht sterben wollte. WГјtend, weil das, was er wollte, hierbei nichts zu bedeuten schien. Verwirrt, weil er nicht sicher war, warum es ihn traf, wenn es doch Millionen von anderen Menschen auf der Welt gab.

Im Vergleich zu seiner Mutter war er jedoch ruhig. Sie zitterte, während sie fuhr, und Kevin machte sich Sorgen, dass sie einen Unfall verursachen könnte. Er seufzte vor Erleichterung, als sie auf die Straße einbogen, in der ihr Haus stand. Es war eines der kleineren Häuser im Block, alt und an vielen Stellen notdürftig zusammen geflickt.

„Es wird alles in Ordnung kommen“, sagte seine Mutter. Sie hörte sich nicht so an, als ob sie selbst daran glaubte. Sie nahm Kevins Arm, während sie ins Haus gingen, aber es fühlte sich eher so an, als würde Kevin sie stützen.

„Das wird es“, antwortete Kevin, denn er nahm an, dass seine Mutter das hören musste − mehr als er selbst. Es hätte vielleicht geholfen, wenn es wahr gewesen wäre.

Sie gingen hinein und es fühlte sich schon fast falsch an, auch nur irgendwas zu machen. Als ob alle normalen Dinge eine Art Betrug wären, nach den Neuigkeiten von Dr. Markham. Kevin schob eine Tiefkühl-Pizza in den Ofen, während er seine Mutter auf dem Sofa weinen hören konnte. Er wollte zu ihr gehen, um sie zu trösten, aber zwei Dinge hielten ihn davon ab. Erstens, der Gedanke, dass seine Mutter das vielleicht nicht wollte. Sie war immer die Starke gewesen, diejenige, die sich alleine um ihn gekümmert hatte, nachdem sein Vater sie verlassen hatte, als er noch ein Baby gewesen war.

Das Zweite waren die Visionen.

Er sah eine Landschaft unter einem Himmel, der mehr lila als blau schien, die Bäume darunter waren merkwürdig geformt, mit Stämmen, die Kevin an die Palmen am Strand erinnerten, aber die auf eine Art verdreht waren, wie Palmen es nie taten. Der Himmel sah aus, als ob die Sonne dort schien, aber die Sonne sah irgendwie falsch aus. Kevin konnte nicht so recht herausfinden, was falsch daran war, denn er hatte nie viel Zeit damit verbracht, die Sonne anzusehen, aber er wusste, dass sie nicht dieselbe war.

In einer Ecke seines Kopfes erschienen immer wieder Zahlen.

Er ging in einen Raum, der jetzt mit rotem Sand bedeckt war, und konnte spüren, wie seine Zehen darin versanken. Dort gab es Kreaturen, klein und Echsen-ähnlich, die wegliefen, wenn er ihnen zu nahe kam. Er schaute sich um …

… und die Welt ging in Flammen auf.

Kevin wachte auf dem KГјchenboden auf, die Ofen-Uhr piepte und zeigte damit an, dass die Pizza fertig war, der Geruch von verbranntem Essen brachte ihn vom Boden hoch und zum Ofen, ehe seine Mutter das tun musste. Er wollte nicht, dass sie ihn so sah, wollte ihr nicht noch mehr Grund zur Sorge geben.

Er nahm die Pizza heraus, schnitt sie in Stücke und brachte sie ins Wohnzimmer. Seine Mutter saß auf dem Sofa und auch wenn sie aufgehört hatte zu weinen, waren ihre Augen rot. Kevin stellte den Teller mit der Pizza auf den Kaffeetisch, setzte sich neben sie und machte den Fernseher an, sodass sie zumindest so tun konnten, als wenn die Dinge normal wären.

„Du hättest das nicht tun müssen“, sagte seine Mutter und Kevin wusste nicht, ob sie die Pizza oder etwas anderes meinte. Im Moment war das egal.

Die Zahlen waren ihm immer noch im Gedächtnis: 23h 06m 29.283s – 05° 02� 28.59.




KAPITEL ZWEI


Als seine Mutter und er auf den Schulparkplatz fuhren, war sich Kevin nicht sicher, ob er sich jemals so müde gefühlt hatte. Der Plan war, alles so normal wie möglich weiter laufen zu lassen, aber er fühlte sich, als wenn er jeden Moment einschlafen würde. Das war weit entfernt von normal.

Das Problem waren die Behandlungen. Es hatte viele Behandlungen in den letzten Tagen gegeben. Seine Mutter hatte mehr Ärzte gefunden und jeder hatte einen anderen Plan, um zu versuchen, den Fortschritt der Krankheit zu verlangsamen. Das sagten sie jedes Mal und ihre Wortwahl machte klar, dass sogar das etwas Besonderes wäre und dass sie nicht darauf hoffen konnten, die Dinge wirklich aufhalten zu können.

„Viel Spaß in der Schule mein Schatz“, sagte seine Mutter. Da war etwas Falsches an der Fröhlichkeit, eine spröde Kante, die verriet, wie sehr sie sich bemühen musste, um ein Lächeln herbeizuzaubern. Kevin wusste, dass sie sich seinetwegen zusammenriss und er gab sein Bestes.

„Ich werde es versuchen, Mama“, versicherte er ihr und konnte hören, dass auch seine eigene Stimme unnatürlich klang. Es war, als ob sie beide Rollen spielten, weil sie Angst vor der Wahrheit dahinter hatten. Kevin spielte, weil er nicht wollte, dass seine Mutter wieder weinte.

Wie oft hatte sie jetzt geweint? Wie viele Tage waren vergangen, seit sie das erste Mal bei Dr. Markham gewesen waren? Kevin hatte den Überblick verloren. Er war ein oder zwei Tage krank zu Hause geblieben, ehe es offensichtlich geworden war, dass keiner von ihnen beiden das wollte. Dann kam das: Schule und zwischendurch Tests und die Versuche einer Therapie. Es gab Spritzen und Bluttests, Nahrungs-Ergänzungsmittel −, weil seine Mutter im Internet gelesen hatte, das diese angeblich halfen − und gesundes Essen, das weit von Pizza entfernt war.

„Ich will einfach nur, dass die Dinge so normal wie möglich sind“, sagte seine Mutter. Keiner von ihnen sagte so etwas an einem normalen Tag. Kevin hätte den Schulbus genommen und sie hätten sich keine Sorge machen müssen, was normal war oder nicht.

An einem normalen Tag wГјrde er nicht verstecken mГјssen, was mit ihm nicht stimmte oder dankbar sein, dass seine beste Freundin auf eine andere Schule ging, nachdem er und seine Mutter umgezogen waren, sodass sie nichts hiervon nichts mitbekam. Er hatte Luna seit Tagen nicht angerufen und ihre Nachrichten sammelten sich auf seinem Handy. Kevin ignorierte sie, weil er nicht wusste, was er ihr sagen sollte.

Kevin konnte die Blicke spüren, die er auf sich zog, als er in das Schulgebäude ging. Es gab Gerüchte, selbst wenn niemand sicher wusste, was mit ihm los war. Weiter vorn konnte er einen der Lehrer sehen, Mr. Williams, und an einem normalen Tag wäre Kevin einfach an ihm vorbeigegangen, ohne Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Jetzt hielt der Lehrer ihn an, schaute an ihm hoch und runter, als wenn er Anzeichen erwartete, dass er jeden Moment sterben würde.

„Wie geht es dir, Kevin?“, fragte er. „Geht es dir gut?“

„Ich bin okay, Mr. Williams“, versicherte Kevin ihm. Es war einfacher zu sagen, dass es einem gut ginge, als die Wahrheit zu erklären: wie besorgt er um seine Mutter war und wie müde er von den ganzen Behandlungen war, wie viel Angst er davor hatte, was als Nächstes passierte.

Die Zahlen waren immer noch in seinem Kopf: 23h 06m 29.283s – 05° 02� 28.59. Sie hockten dort im hintersten Winkel seiner Gedanken, wie eine Kröte, die sich nicht bewegte −  unmöglich zu vergessen und unmöglich zu ignorieren, egal wie sehr Kevin versuchte, die Ratschläge seiner Mutter zu befolgen.

„Nun gut, sag uns einfach Bescheid, wenn du irgendetwas brauchst“, sagte der Lehrer.

Kevin war sich nicht sicher, was er darauf antworten sollte. Es war diese Art von Sachen, die Menschen sagten und die dennoch ohne Bedeutung zu sein schienen. Die eine Sache, die er brauchte, war das Einzige, was sie ihm nicht geben konnten: alles ungeschehen zu machen, damit die Dinge wieder normal wurden. Lehrer wussten viel, aber davon hatten sie keine Ahnung.

Dennoch gab er sich Mühe, so zu tun, als wäre alles normal − während seiner Mathematik-Stunde und anschließend im Geschichts-Unterricht. Ms. Kapinski erzählte ihnen von der frühen europäischen Geschichte, bei der Kevin sich nicht sicher war, ob das überhaupt im Lehrplan stand, aber das war anscheinend, was sie studiert hatte und was sie ihnen ausführlicher auseinandersetzte, als sie eigentlich sollte.

„Wusstet ihr, dass die meisten der Römer in Nordeuropa eigentlich gar keine Römer waren?“, fragte sie. Kevin mochte eigentlich Ms. Kapinskis Unterricht, weil sie keine Angst davor hatte, vom Lehrplan abzuweichen und auch über anderen Epochen in der Geschichte zu sprechen, wenn sie ihr gerade in den Sinn kamen. Es war eine Erinnerung daran, wie viel bereits vor ihrer Zeit auf der Welt passiert war.

„Dann ist das also falsch?“, fragte Francis de Longe. Normalerweise wäre es Kevin gewesen, der diese Frage gestellt hätte, aber er genoss die Gelegenheit, ruhig und schon fast unsichtbar zu sein.

„Nicht wirklich falsch“, erwiderte Ms. Kapinski. „Wenn ich sage, sie waren keine Römer, dann meine ich, dass die Überreste von Menschen hinterlassen wurden, die nie in der Nähe des Landes waren, das jetzt Italien ist. Sie waren die einheimische Bevölkerung, aber als die Römer sich ausbreiteten und ihre Gebiete eroberten, erkannten die Einheimischen, dass es gut daran täten, sich den Römern anzupassen. Die Art, wie sie sich kleideten, die Gebäude, in denen sie lebten, die Sprache, die sie sprachen, sie haben alles verändert, um deutlich zu machen, wem ihre Loyalität galt und weil es ihnen eine bessere Gelegenheit bot, an gute Positionen in der neuen Rangfolge zu kommen.“ Sie lächelte. „Dann, während der Rebellion gegen Rom, war es für die Einheimischen leicht, sich daran zu beteiligen, indem sie sich einfach wieder von diesen Gewohnheiten abkehrten.“

Kevin versuchte, sich das vorzustellen: dieselben Menschen an ein und demselben Ort veränderten sich, wenn sich die politische Richtung änderte. Ihr ganzes Sein veränderte sich, je nachdem, wer sie gerade regierte. Er dachte, es wäre vielleicht ein wenig wie in einer der beliebtesten Cliquen in der Schule zu sein, zu versuchen die richtige Kleidung zu tragen und die richtigen Dinge zu sagen. Dennoch war es schwer, sich das vorzustellen − und nicht nur wegen der Bilder von ungewöhnlichen Landschaften, die weiterhin in seinem Hinterhirn abgespeichert waren.

Das war wahrscheinlich das einzige Gute an seiner Krankheit: die Symptome waren nicht sichtbar. Das war andererseits aber auch das Beängstigende daran. Da war diese Sache, die ihn umbrachte und wenn die Menschen nicht schon davon wussten, dann würden sie es nie herausfinden. Er könnte einfach hier sitzen und niemand würde jemals –

Kevin fühlte die Vision kommen, sie fuhr durch ihn hindurch, wie eine Art Druckwelle, die sich in seinem Körper aufbaute. Es folgte ein Schwindelgefühl, dass die Welt verschwimmen ließ, während er sich mit etwas anderem verband. Er stand auf und wollte fragen, ob er sich entschuldigen könne, aber da war es bereits zu spät. Er fühlte, wie seine Beine nachgaben und er in Ohnmacht fiel.

Er schaute auf dieselbe Landschaft, die er in seiner Erinnerung hatte, die falsche Farbe des Himmels, die Bäume zu verdreht. Er schaute zu, wie das Feuer hindurchwütete, blendend und hell, es schien von überall herzukommen. Er hatte das alles schon einmal gesehen. Jetzt aber gab es ein neues Element: ein schwacher Puls, der sich in regelmäßigen Abständen zu wiederholen schien, genau wie das Ticken einer Uhr.

Ein Teil von Kevin wusste, dass eine Uhr nur das war, was sie war, genauso wie er instinktiv wusste, dass es ein Countdown für etwas war, und nicht nur etwas, das die Zeit markierte. Er hatte das Gefühl, dass die Impulse subtil intensiver wurden, als ob sie sich zu einem fernen Crescendo hinbewegten. Es gab ein Wort in einer Sprache, die er eigentlich nicht hätte verstehen sollen, aber er verstand es.

„Warte.“

Kevin wollte fragen, auf was er warten sollte oder wie lange oder warum. Er tat es aber nicht, hauptsächlich, weil er sich nicht sicher war, wen er fragen sollte. Aber auch, weil der Moment, so schnell wie er gekommen war, auch wieder vorbei war und Kevin aus seiner Ohnmacht aufwachte und sich selbst auf dem Boden des Klassenzimmers wiederfand. Ms. Kapinski stand über ihn gebeugt.

„Bleib noch einen Moment ruhig liegen, Kevin“, sagte sie. „Ich habe den Schulsanitäter holen lassen. Hal wird gleich hier sein.“

Kevin setzte sich trotz ihrer Anweisungen hin, weil er bereits wusste, wie sich das anfГјhlte.

„Mir geht es gut“, versicherte er ihr.

„Ich denke, das sollten wir Hal beurteilen lassen.“

Hal war ein großer, runder Sanitäter, der dafür sorgte, dass die Schüler der St. Brendans Schule durch jeden medizinischen Notfall kamen, den sie erlitten. Manchmal argwöhnte Kevin, dass sie nur so schnell gesundeten, weil der Gedanke an die medizinische Versorgung durch den Sanitäter sie selbst die schlimmsten Verletzungen ignorieren ließ.

„Ich sehe Dinge“, schaffte Kevin es zu sagen. „Da war ein Planet und eine brennende Sonne und eine Art Nachricht … wie ein Countdown.“

In den Filmen hätte man jetzt darauf bestanden, jemanden wichtigen zu holen. Sie hätten die Nachricht als das erkannt, was es war. Es hätte Treffen und Ermittlungen gegeben. Jemand hätte etwas getan. Aber außerhalb der Leinwand war Kevin nur ein Dreizehnjähriger Junge und Ms. Kapinski schaute ihn mit einer Mischung aus Mitleid und leichter Verwunderung an.

„Ich bin mir sicher, es ist nicht so schlimm“, sagte sie. „Es ist wahrscheinlich normal, alle Arten von Sachen zu sehen, wenn man so einen … Schub hat.“

Um sich herum hörte Kevin das Murmeln seiner Klassenkameraden. Nichts davon ließ ihn sich besser fühlen.

„… einfach umgefallen und hat zu zucken begonnen …“

„… ich habe gehört, er ist krank, hoffentlich ist das nicht ansteckend …“

„… Kevin glaubt, er sieht Planeten …“

Letzteres tat weh. Es hörte sich an, als ob er verrückt wäre. Kevin war nicht verrückt. Zumindest dachte er, dass er nicht verrückt war.

Trotz seines Beharrens darauf, dass es ihm gut ging, musste Kevin mit Hal mitgehen. Er musste im Krankenzimmer sitzen, während Hal in seine Augen leuchtete und Fragen über die Krankheit stellte, die so selten war, dass er offensichtlich genauso wenig Ahnung hatte wie Kevin.

„Der Schulleiter möchte uns sehen, sobald wir sicher sein können, dass es dir gut geht“, sagte er. „Bist du in der Lage, in sein Büro zu gehen oder sollen wir ihn fragen, ob er hierherkommt?“

„Ich kann laufen“, sagte Kevin. „Mir geht es gut.“

„Wenn du das sagst“, erwiderte Hal.

Sie gingen zum Büro des Schulleiters und Kevin war nicht überrascht, seine Mutter dort vorzufinden. Natürlich hatten sie sie angerufen deswegen und natürlich wäre sie da, wenn er zusammenbrach. Das war aber nicht gut, nicht, wenn sie eigentlich auf der Arbeit sein sollte.

„Kevin geht es dir gut?“, fragte seine Mutter, sobald ihr Sohn hereinkam und sie ihn in die Arme nehmen konnte. „Was ist passiert?“

„Ich bin okay, Mama“, sagte Kevin.

„Ms. McKenzie, ich kann Ihnen versichern, dass wir Sie nicht angerufen hätten, wenn es nicht ernst wäre“, erklärte der Schulleiter. „Kevin ist umgekippt.“

„Es geht mir wieder gut“, wiederholte Kevin.

Es schien keinen Unterschied zu machen, wie oft er das sagte.

„Außerdem“, fuhr der Schulleiter fort, „schien es, dass er ziemlich verwirrt war, als er zu sich kam. Er redete über … na ja über andere Planeten.“

„Planeten“, wiederholte Kevins Mutter. Ihre Stimme war schwach, als sie das sagte.

„Ms. Kapinski sagte, es hat die Klasse ein wenig beunruhigt“, sagte der Schulleiter. Er seufzte. „Ich frage mich, ob Kevin vielleicht besser eine Weile zu Hause bleiben sollte.“

Er sagte es, ohne Kevin dabei anzusehen. Hier wurde eine Entscheidung getroffen und obwohl Kevin dabei war, war klar, dass er hier nichts zu sagen hatte.

„Ich möchte nichts in der Schule verpassen“, sagte Kevin und schaute seine Mutter an. Sicherlich wollte sie das auch nicht.

„Ich denke, wir müssen uns fragen“, fuhr der Schulleiter fort, „ob die Schule zu diesem Zeitpunkt das Beste ist, angesichts der Zeit, die ihm noch bleibt.“

Es war wahrscheinlich gut gemeint, aber all das erinnerte Kevin daran, was der Doktor gesagt hatte. Sechs Monate im Wert von Sekunden und jede davon tickte beständig in einem Rhythmus, der zu dem Countdown in seinem Kopf passte.

„Sie sagen also, dass es keinen Sinn für meinen Sohn macht, zur Schule zu gehen, weil er sowieso bald tot ist?“, keifte seine Mutter. „Wollen Sie das damit sagen?“

„Nein natürlich nicht“, erwiderte der Schulleiter eilig und hob eine Hand um sie zu beruhigen.

„Das hörte sich aber so an“, sagte Kevins Mutter. „Es hört sich an, als ob Sie genauso viel Angst vor der Krankheit meines Sohnes haben, wie die Kinder hier.“

„Ich sage, dass es schwer wird, Kevin zu unterrichten, wenn es so schlimm ist“, erklärte der Schulleiter. „Wir versuchen es, aber … wollen Sie nicht das Beste aus der Zeit machen, die er noch hat?“

Er sagte das in einem sanften Ton, der es jedoch immer noch schaffte, sich direkt in Kevins Herz zu bohren. Er sagte genau das, was seine Mutter gedacht hatte, nur in sanfteren Worten. Das Schlimme daran war, dass er recht hatte. Kevin wГјrde nicht lang genug leben, um ins College zu gehen oder einen Job zu bekommen oder irgendwas anderes, fГјr das er einen Schulabschluss brauchte. Warum also sollte er hier sein?

„Es ist okay, Mama“, sagte er und griff nach ihrem Arm.

Das schien ein ausreichendes Argument, um seine Mutter zu überzeugen und genau das zeigte Kevin, wie ernst das alles war. Bei einer anderen Gelegenheit hätte er erwartet, dass sie kämpfte. Jetzt schien es, dass der Kampf bereits das meiste ihrer Kraft gefordert hätte.

Stumm gingen sie zum Auto. Kevin schaute zurГјck auf die Schule. Es kam ihm der Gedanke, dass er wahrscheinlich nie wieder zurГјckkommen wГјrde. Er hatte nicht einmal die Gelegenheit gehabt, auf Wiedersehen zu sagen.

„Es tut mir leid, dass sie dich auf der Arbeit angerufen haben“, sagte Kevin, als sie im Auto saßen. Er konnte die Spannung fühlen. Seine Mutter startete den Motor nicht, sondern saß einfach nur da.

„Das ist es nicht“, sagte sie. „Es ist einfach … es war so leicht sich vorzumachen, dass alles in Ordnung ist.“

Sie hörte sich so traurig an, sah so zerbrechlich aus. Kevin hatte sich an diesen Ausdruck gewöhnt, der bedeutete, dass sie versuchte, nicht zu weinen. Sie hatte keinen Erfolg.

„Geht esdir gut, Kevin?“, fragte sie, auch wenn er in dem Moment derjenige war, der sie festhielt. So fest, wie er nur konnte.

„Ich … ich wünschte, ich müsste die Schule nicht verlassen“, erwiderte Kevin. Er hätte nie gedacht, dass er das einmal sagen würde. Er hatte nie gedacht, dass irgendjemand das einmal sagen würde.

„Wir können wieder hineingehen“, sagte seine Mutter. „Ich könnte dem Schulleiter sagen, dass ich dich hier morgen wieder hierher bringe und jeden Tag danach, bis …“

Sie beendete den Satz nicht.

„Bis es mir zu schlecht geht“, sagte Kevin. Er kniff seine Augen zusammen. „Ich glaube, es geht mir bereits zu schlecht, Mama.“

Er hörte, wie sie auf das Armaturenbrett schlug, das dumpfe Echo hallte im Auto wider.

„Ich weiß“, sagte sie. „Ich weiß und ich hasse es. Ich hasse diese Krankheit, die mir meinen kleinen Jungen wegnimmt.“

Sie begann wieder zu weinen. Trotz seiner Versuche, stark zu bleiben, machte Kevin dasselbe. Es schien lange zu dauern, ehe seine Mutter ruhig genug war, um etwas anderes zu sagen.

„Sie sagen, du siehst … Planeten, Kevin?“, fragte sie.

„Ich habe sie gesehen“, erwiderte Kevin. Wie könnte er erklären, wie das war? Wie echt das war?

„Ich weiß, dass das nicht echt ist“, sagte seine Mutter. „Und ich hasse es, weil es einfach eine Erinnerung daran ist, dass mein kleiner Junge mir entgleitet. Und ich wünschte, ich könnte all das wegmachen.“

Kevin wusste nicht, was er darauf erwidern sollte. Er wГјnschte sich auch, dass es verschwinden wГјrde.

„Es fühlt sich echt an“, sagte Kevin dennoch.

Seine Mutter war eine Zeit lang ruhig. Als sie endlich sprach, hatte ihre Stimme den spröden, Klang, den sie seit der Diagnosestellung gehabt hatte, und der ihm mittlerweile viel zu vertraut worden war.

„Vielleicht … vielleicht ist es Zeit, dass du zu dieser Psychologin gehst.“




KAPITEL DREI


Dr. Linda Yalestroms Büro sah nicht annähernd nach dem eines Arztes aus, wie all die anderen in denen Kevin erst kürzlich überall gewesen war. Es war ihr Zuhause in Berkeley, mit der Universität nah genug, sodass das ihre Zertifikate, die an der Wand hingen, noch zu unterstreichen schien.

Der Rest davon sah aus, wie sich Kevin ein Home Office vorstellte, abgesehen vom Fernseher, mit weichen Möbeln, die offensichtlich nach einem Umzug hierher verbannt worden waren, einem Tisch, auf dem sich aller Kleinkram vom Rest des Hauses angesammelt zu haben schien, und ein paar Topfpflanzen, die ihre Zeit abwarteten und bereit waren, den Raum zu übernehmen.

Kevin mochte Dr. Yalestrom. Sie war eine kleine, dunkelhaarige Frau in ihren Fünfzigern, deren Kleidung hell gemustert war und so weit weg von Arztkleidung, wie es überhaupt möglich war. Kevin nahm an, dass das einen Grund hatte, da sie viel Zeit damit verbrachte, mit Menschen zu arbeiten, die die schlechtesten Nachrichten bekommen hatten.

„Setz dich Kevin“, sagte sie mit einem Lächeln und zeigte auf die breite rote Couch, die mit den Jahren von den Menschen, die dort gesessen hatten, abgetragen worden war. „Ms. McKenzie warum lassen Sie uns nicht einen Moment alleine? Ich möchte, dass Kevin fühlt, dass er alles sagen kann, was er möchte. Meine Assistentin wird Ihnen einen Kaffee bringen.“

Seine Mutter nickte. „Ich werde draußen warten.“

Kevin setzte sich auf das Sofa, das genauso bequem war, wie es aussah. Er schaute sich im Zimmer um, schaute die Bilder von AngelausflГјgen und Urlauben an. Es dauerte eine Weile, ehe er etwas Wichtiges erkannte.

„Sie sind auf keinem der Fotos dort zu sehen“, stellte er fest.

Dr. Yalestrom lächelte. „Vielen meiner Patienten ist das nie aufgefallen. Die Wahrheit ist, dass das Orte sind, zu denen ich immer hinfahren wollte oder Orte, von denen ich gehört habe, dass sie schön sind. Ich habe sie dort hingehängt, weil junge Leute wie du viel Zeit damit verbringen, sich im Raum umzusehen. Sie machen alles, außer mit mir zu reden, und ich dachte, man sollte dann zumindest etwas haben, auf das sie schauen können.“

Kevin empfand das ein wenig wie Betrug.

„Wenn Sie viel mit Menschen arbeiten, die sterben“, sagte er, „warum haben Sie dann Bilder an der Wand von Orten, wo Sie immer hinwollten? Warum hängen Sie sie nicht ab, wenn Sie gesehen haben …“

„Wenn ich sehe, wie schnell alles enden kann?“, fragte Dr. Yalestrom sanft.

Kevin nickte.

„Vielleicht wegen der wunderbaren menschlichen Fähigkeit das zu wissen und die Dinge dennoch aufzuschieben? Oder vielleicht war ich an einem dieser Orte und der Grund, warum ich nicht auf den Bildern bin, ist nur, dass ich denke, dass es reicht, wenn eine von mir auf die Leute herabstarrt.“ Kevin war sich nicht sicher, ob das gute Gründe waren oder nicht. Sie schienen nicht ausreichend, irgendwie.

„Wo würdest du hingehen, Kevin?“, fragte Dr. Yalestrom. „Wo würdest du hingehen, wenn du irgendwo hingehen könntest?“

„Ich weiß es nicht“, antwortete er.

„Dann denk mal drüber nach. Du musst mich das nicht gleich wissen lassen.“

Kevin schüttelte seinen Kopf. Es war merkwürdig, so mit einem Erwachsenen zu sprechen. Im Allgemeinen drehte sich das Gespräch im Alter von dreizehn um Fragen oder Anweisungen. Mit der Ausnahme von seiner Mutter, die sowieso den ganzen Tag auf Arbeit war, waren Erwachsene nicht wirklich daran interessiert, was jemand in seinem Alter zu sagen hatte.

„Ich weiß nicht“, wiederholte er. „Ich meine, ich habe noch nie darüber nachgedacht, irgendwo hinzugehen.“ Er versuchte, an Orte zu denken, wo er vielleicht hingehen wollen würde, aber es war schwer, sich irgendetwas vorzustellen, besonders jetzt, wo er nur noch ein paar Monate Zeit dafür hatte. „Ich frage mich, na ja, egal woran ich denke, wo ist der Sinn? Ich werde eh bald tot sein.“

„Was glaubst du, ist der Sinn?“, fragte Dr. Yalestrom.

Kevin gab sich Mühe, sich einen Grund einfallen zu lassen. „Ich meine … weil es schon ziemlich bald nicht mehr so sein wird wie jetzt.“

Die Psychologin nickte. „Ich denke, so kann man es gut ausdrücken. Also gibt es irgendwas, was du schon bald tun möchtest, Kevin?“

Kevin dachte darüber nach. „Ich glaube … ich glaube, ich sollte Luna erzählen, was passiert ist.“

„Und wer ist Luna?“

„Sie ist meine Freundin“, sagte Kevin. „Wir gehen nicht mehr auf dieselbe Schule, sie weiß also nicht, dass ich zusammengebrochen bin und all das und ich habe sie seit Tagen nicht angerufen, aber …“

„Aber du solltest es ihr sagen“, sagte Dr. Yalestrom. „Es ist nicht gut, seine Freunde wegzustoßen, wenn die Dinge sich verschlimmern, Kevin. Nicht einmal, um sie zu schützen.“

Kevin schluckte einen Widerspruch herunter, denn es war genau das, was er tat. Er wollte Luna nicht damit belasten, wollte sie nicht mit den Neuigkeiten belasten, was passieren wГјrde. Das war Teil des Grundes, warum er sie so lange nicht angerufen hatte.

„Was noch?“, fragte Dr. Yalestrom. „Versuchen wir es doch noch einmal mit den Orten. Wenn du irgendwo hingehen wolltest, wo wäre das?“

Kevin versuchte, einen der Orte im Zimmer auszuwählen, aber die Wahrheit war, dass es nur eine Landschaft gab, die ihm einfiel, mit Farben, die keine Kamera einfangen konnte.

„Das würde sich dumm anhören“, sagte er.

„Oftmals gibt es nichts Schlimmes an dummen Dingen“, versicherte ihm Dr. Yalestrom. „Ich erzähle dir ein Geheimnis. Menschen glauben oftmals, dass alle außer ihnen selbst besonders sind. Sie glauben, dass andere Menschen schlauer oder mutiger oder besser sind, weil sie nur die Teile an sich selbst sehen, die nicht so perfekt sind. Sie machen sich Sorgen, dass alle anderen das richtige sagen und sie sich dumm anhören. Das stimmt nicht.“

Dennoch saß Kevin mehrere Sekunden da und untersuchte das Polster des Sofas im Detail. „Ich … ich sehe Orte. Einen Ort. Ich glaube, das ist der Grund, warum ich hier hergekommen bin.“

Dr. Yalestrom lächelte. „Du bist hier, weil eine Krankheit wie deine viele merkwürdige Nebenwirkungen erzeugen kann, Kevin. Ich bin hier, um dir zu helfen, damit umzugehen, ohne dass sie dein Leben dominieren. Möchtest du mir mehr über die Dinge erzählen, die du siehst?“

Wiederum untersuchte Kevin die Couch eingehend, studierte ihre Oberfläche und zupfte an einer winzigen Fluse, die sich von den anderen abhob. Dr. Yalestrom war still, während er das tat; die Art von Stille, die sich anfühlte, als wenn sie die Wörter aus einem herauslockte und ihnen Raum gab, in den sie fallen konnten.

„Ich sehe einen Ort, wo nichts so wie hier ist. Die Farben sind falsch, die Tiere und die Pflanzen sind alle anders“, erzählte Kevin. „Es sieht aus wie eine Zerstörung … zumindest glaube ich das. Es gibt Feuer und Hitze, einen hellen Blitz. Es gibt eine Anzahl von Zahlen. Und es gibt etwas, dass sich wie ein Countdown anfühlt.“

„Warum fühlt es sich wie ein Countdown an?“, fragte Dr. Yalestrom.

Kevin zuckte zusammen. „Ich bin mir nicht sicher. Weil die Pulse sich einander annähern, denke ich?“

Die Psychologin nickte und ging zu ihrem Tisch. Sie kam mit Papier und Stiften zurГјck.

„Wie gut bist du im Malen?“, fragte sie. „Nein, beantworte das nicht. Es macht nichts, ob das ein gutes Kunstwerk wird oder nicht. Ich will einfach nur, dass du malst, was du siehst, sodass ich mir vorstellen kann, wie es aussieht. Konzentriere dich nicht so sehr darauf, male einfach. Kannst du das für mich malen, Kevin?“

Kevin zuckte die Achseln. „Ich versuche es.“

Er nahm die Stifte und das Papier und versuchte die Landschaft aufzumalen, die er in seinen Gedanken sah. Er versuchte, sich an jedes Detail davon zu erinnern. Das war schwer, denn obwohl die Zahlen in seinem Kopf waren, fühlte es sich an, als wenn er tief in sich gehen musste, um die Bilder hervorzuholen. Sie waren unter der Oberfläche und um dahin zu gelangen, musste Kevin tief in seine Gedankenwelt eintauchen, sich auf nichts anderes konzentrieren, außer den Stift über das Papier flitzen zu lassen, …

„Okay, Kevin“, sagte sie und nahm das Blatt weg, ehe Kevin sich genauer anschauen konnte, was er gemalt hatte. „Lass uns mal sehen, was du …“

Er sah den schockierten Blick auf ihrem Gesicht, so kurz, dass er beinahe dachte, er hätte ihn sich nur eingebildet. Er war aber da und Kevin fragte sich, was jemanden so schockieren könnte, der jeden Tag Geschichten über sterbende Menschen hörte.

„Was ist los?“, fragte Kevin. „Was habe ich gemalt?“

„Weißt du das nicht?“, fragte Dr. Yalestrom.

„Ich habe versucht, nicht viel darüber nachzudenken“, erklärte Kevin. „Habe ich etwas falsch gemacht?“

Dr. Yalestrom schüttelte ihren Kopf. „Nein, Kevin, du hast nichts falsch gemacht.“

Sie hielt Kevins Zeichnung hoch. „Willst du dir anschauen, was du gemalt hast? Vielleicht wird dir das helfen, die Dinge zu verstehen.“

Sie hielt das zusammengefaltete Blatt zwischen ihren Fingerspitzen, als ob sie es nicht mehr als nötig anfassen wollte. Das machte Kevin ein wenig Sorgen. Was hatte er gemalt, dass einen Erwachsenen so reagieren ließ? Er nahm das Blatt und faltete es auseinander.

Es war die Skizze eines Raumschiffes und ‚gemalt� war wahrscheinlich nicht das richtige Wort dafür. Das war eher ein Plan, so detailliert, wie es in der Kürze der Zeit, die Kevin gehabt hatte, möglich war. Er hatte das noch nie zuvor gesehen, aber es war da auf dem Blatt und es sah riesig und flach aus, als wäre eine ganze Stadt auf eine Scheibe gequetscht worden. Es gab kleinere Scheiben darum, wie Arbeitsbienen um eine Königin.

Detailliert hieß, dass es etwas Technisches, schon fast Klinisches daran gab, an der Art, wie es gezeichnet wurde, aber da war noch mehr. Etwas an der Geometrie davon war einfach … irgendwie falsch, es schien Tiefen und Winkel zu haben, die man in so einer Zeichnung unmöglich hätte einfangen können.

„Aber das …“ Kevin wusste nicht, was er sagen sollte. Bewies das nicht, was passierte? Dachte jemand, dass er sich so etwas ausdenken konnte?

Anscheinend war Dr. Yalestrom nicht ganz überzeugt. Sie nahm das Bild wieder an sich und faltete es so sorgfältig, als ob sie vermeiden wollte, es noch einmal anzusehen. Kevin nahm an, die Eigenartigkeit seiner Zeichnung war zu viel für sie.

„Ich denke, es ist wichtig, dass wir über die Dinge sprechen, die du siehst“, sagte sie. „Glaubst du, diese Dinge sind echt?“

Kevin zögerte. „Ich bin … mir nicht sicher. Sie fühlen sich echt an, aber bisher haben mir viele Menschen gesagt, dass das nicht sein kann.“

„Das ergibt Sinn“, sagte Dr. Yalestrom. „Was du fühlst, kommt häufig vor.“

„Wirklich?“ Was er erlebte, fühlte sich überhaupt nicht normal an. „Ich dachte, meine Krankheit wäre selten.“

Dr. Yalestrom ging zu ihrem Tisch und legte Kevins Zeichnung in eine Akte. Sie nahm ein Notizblock und begann, sich Notizen zu machen. „Ist es wichtig, dass andere Menschen nicht das erleben, was du erlebst, Kevin?“

„Nein, das ist es nicht“, sagte Kevin. „Es ist nur, dass Dr. Markham sagte, das diese Krankheit wirklich nur wenige Menschen betrifft.“

„Das ist richtig“, stimmte Dr. Yalestrom zu. „Aber ich sehe viele Menschen, die Halluzinationen haben, aus ganz verschiedenen Gründen.“

„Sie glauben, ich werde verrückt“, riet Kevin. Jeder schien das zu denken. Sogar seine Mutter − sie war immerhin diejenige gewesen, die ihn hierher gebracht hatte, nachdem er darüber gesprochen hatte. Er fühlte sich dennoch nicht, als wenn er verrückt würde.

„Das ist kein Wort, das ich dafür benutzen würde“, sagte Dr. Yalestrom. „Ich glaube, dass oftmals das Verhalten, das wir als verrückt bezeichnen, aus einem guten Grund da ist. Häufig ergeben diese Gründe aber nur Sinn für die betroffenen Personen. Menschen flüchten sich in Vorstellungen, um sich vor Situationen zu schützen, die nicht oder nur schwer für sie zu handhaben sind, die … ungewöhnlich scheinen.“

„Sie glauben, das ist es, was ich mit diesen Visionen mache?“, fragte Kevin. Er schüttelte seinen Kopf. „Sie sind echt. Ich denke mir das nicht aus.“

„Darf ich dir sagen, was ich denke, Kevin? Ich glaube, ein Teil von dir hängt vielleicht an diesen ‚Visionen�, weil es dir hilft zu glauben, dass du deine Krankheit aus einem bestimmten Grund bekommen hast. Ich glaube, dass für dich deine Krankheit durch diese ‚Visionen� vielleicht einen Sinn erhält. Die Bilder darin … es ist ein merkwürdiger Ort, der nicht der Normalität entspricht. Könnte das die Art darstellen, wie die Dinge sich verändert haben?“

„Ich glaube schon“, erwiderte Kevin. Er war nicht überzeugt. Die Dinge, die er gesehen hatte, drehten sich nicht um irgendeine Welt, in der er keine Krankheit hatte. Sie drehten sich um einen Ort, den er nicht verstand.

„Dann hast du das Gefühl des drohenden Untergangs mit Feuer und Licht“, erklärte Dr. Yalestrom. „Das Gefühl von Dingen, die zu Ende gehen. Du siehst sogar einen Countdown, einschließlich Zahlen.“

Die Zahlen waren nicht Teil eines Countdowns, das war einfach das langsame Pochen, das Stück für Stück schneller wurde. Kevin nahm an, dass er sie jetzt nicht davon überzeugen konnte. Wenn Erwachsene entschieden hatte, was die Wahrheit war, dann würde er ihre Meinung nicht ändern können.

„Was kann ich also tun?“, fragte Kevin. „Wenn Sie glauben, dass sie nicht echt sind, sollte ich sie dann nicht loswerden?“

„Willst du sie loswerden?“, fragte Dr. Yalestrom.

Kevin dachte darüber nach. „Ich weiß nicht. Ich glaube, sie sind vielleicht wichtig, aber ich habe nicht darum gebeten.“

„Genauso wie du auch nicht darum gebeten hast, eine degenerative Erkrankung des Gehirns zu haben“, sagte Dr. Yalestrom. „Vielleicht sind diese beiden Dinge miteinander verbunden, Kevin.“

Kevin hatte bereits darüber nachgedacht, dass seine Visionen irgendwie mit der Krankheit in Verbindung standen. Dass sie vielleicht sein Gehirn soweit verändert hatte, dass er für diese Visionen empfänglich war. Er dachte dennoch nicht, dass es das war, was die Psychologin meinte.

„Was kann ich tun?“, fragte Kevin erneut.

„Es gibt Dinge, die du tun kannst, die sie zwar nicht beseitigen, aber zumindest wärst du in der Lage, damit umzugehen.“

„Was zum Beispiel?“, fragte Kevin. Er musste zugeben, dass er einen Moment Hoffnung hatte. Er wollte nicht, dass diese Visionen ihm ständig im Kopf herumgingen. Er hatte nicht darum gebeten, Nachrichten zu erhalten, die niemand verstand und die ihn einfach nur verrückt erschienen ließen, wenn er darüber sprach.

„Du kannst versuchen Dinge zu finden, die dich von den Halluzinationen ablenken, wenn sie kommen“, sagte Dr. Yalestrom. „Du kannst versuchen dich selbst daran zu erinnern, dass das nicht echt ist. Wenn du Zweifel hast, dann finde Wege, das zu überprüfen. Vielleicht fragst du jemand anderen, ob er dasselbe sieht. Erinnere dich daran, es ist okay, zu sehen, was du siehst, aber wie du darauf reagierst, liegt an dir.“

Kevin nahm an, er konnte sich an all das erinnern. Dennoch half das nicht dabei, den schwachen Puls des Countdowns ruhiger zu stellen, der im Hintergrund trommelte und immer ein wenig schneller wurde.

„Und ich glaube, du musst es den Menschen erzählen, die es nicht wissen“, sagte Dr. Yalestrom. „Es ist nicht fair, sie darüber im Unklaren zu lassen.“

Sie hatte recht.

Und es gab eine Person, der er dringender als anderen davon erzählen musste.

Luna.




KAPITEL VIER


„Also“, sagte Luna, als sie und Kevin auf den Wegen des Lafayette Reservoir Erholungsparks umherliefen und Touristen und Familien auswichen, die ihren freien Tag genossen, „warum bist du mir aus dem Weg gegangen?“

Luna kam immer schnell zum Punkt. Das war eines der Dinge, die Kevin an ihr gefielen. Nicht, dass sie ihm so gefiel. Die Leute schienen das immer anzunehmen. Sie dachten, weil sie hübsch und blond war und wahrscheinlich Cheerleader-Material − wenn sie das nicht alles für absolut bescheuert halten würde − dass sie zweifellos ‚miteinander gingen�. Sie nahmen einfach an, dass die Welt so funktionierte.

Sie waren nicht zusammen. Luna war seine beste Freundin. Die Person, mit der er die meiste Zeit auГџerhalb der Schule verbrachte. Wahrscheinlich die einzige Person auf der Welt, mit der er Гјber fast alles reden konnte.

AuГџer Гјber das hier.

„Ich war nicht …“, Kevin verstummte bei dem Blick auf Lunas Gesicht. Sie war gut im Starren. Kevin nahm an, dass sie das heimlich übte. Er hatte jeden, von Mobbern bis zu unhöflichen Ladeneigentümer zurückrudern sehen, nur damit sie sie nicht länger anstarrte. Wenn sie einen so anstarrte, war es unmöglich, sie anzulügen. „Okay, ich bin dir aus dem Weg gegangen, aber es gab einen Grund, Luna. Ich habe etwas … na ja, etwas von dem ich nicht weiß, wie ich es dir sagen soll.“

„Oh sei nicht dumm“, sagte Luna. Sie hatte eine leere Soda-Dose gefunden und trat sie den Weg hinunter, sie schubste sie von Fuß zu Fuß mit einer Routine, die davon kam, wenn man das viel zu oft tat. „Ich meine, wie schlimm kann es sein? Ziehst du um? Gehst du wieder auf eine andere Schule?“

Vielleicht erwischte sie etwas in seinem Ausdruck, denn sie wurde nach ein paar Sekunden still. Es lag etwas Verletzliches in der Stille, als wГјrden beide um etwas drumherum redeten, um zu vermeiden, dass es brach. Dennoch musste er es tun. Sie konnten nicht fГјr ewig hier herumlaufen.

„Ist es so schlimm?“, fragte sie und kickte die Dose mit einem letzten Stoß ihres Fußes in den Mülleimer.

Kevin nickte. Schlimm war das richtige Wort dafГјr.

„Wie schlimm?“

„Schlimm“, sagte er. „Gehen wir zum Stausee?“

Der Stausee war der Ort, an den sie beide hingingen, wenn sie Гјber etwas reden wollten. Sie hatten Гјber Billy Hames gesprochen, der Luna gefiel, als sie neun waren, und Гјber Kevins Katze Tiger, die gestorben war, als sie zehn waren. Nichts davon schien eine gute Vorbereitung auf das hier gewesen zu sein. Er war keine Katze.

Sie gingen zum Wasserrand und schauten auf die Bäume an der Längsseite und die Menschen mit ihren Kanus und Paddelbooten auf dem Stausee. Im Vergleich zu anderen Orten, an denen sie gewesen waren, war es nett hier. Die Leute nahmen an, dass Kevin der Junge von der falschen Seite der Stadt war, der einen schlechten Einfluss auf Luna hatte, aber sie war diejenige mit dem Talent, über Zäune zu klettern und an verfallenen Gebäuden hochzuklettern, während Kevin ihr folgte, wenn er konnte. Hier gab es nichts von dem, nur Wasser und Bäume.

„Was ist denn los?“, fragte Luna. Sie zog ihre Schuhe aus und ließ ihre Füße in das Wasser gleiten. Kevin war nicht danach, dasselbe zu tun. Im Moment wollte er rennen, sich verstecken. Alles, nur um ihr nicht die Wahrheit sagen zu müssen. Er dachte, je länger er es von Luna fernhalten konnte, umso länger war es nicht echt.

„Kevin?“, sagte Luna. „Du machst mir Angst. Hör zu, wenn du mir nicht sagst, was los ist, dann werde ich deine Mutter anrufen und es so herausfinden.“

„Nein, tu das nicht“, sagte Kevin schnell. „Ich bin nicht sicher … Mama kann damit nicht gut umgehen.“

Luna sah jede Minute besorgter aus. „Was ist los? Ist sie krank? Bist du krank?“

Kevin nickte bei Letzterem. „Ich bin krank“, sagte er. Er legte eine Hand auf Lunas Schulter. „Ich habe etwas, dass sich Leukodystrophie nennt. Ich sterbe Luna.“

Er wusste, er hatte es zu schnell gesagt. Bei so etwas sollte es eine lange Erklärung geben, ein richtiger Aufbau, aber ganz ehrlich: das war der Teil, der wichtig war.

Sie schaute ihn an und schüttelte ihren Kopf in offensichtlichem Unglauben. „Nein, das kann nicht sein, das ist …“

Sie umarmte ihn, fest genug, sodass Kevin kaum noch atmen konnte.

„Sag, dass das ein Witz ist. Sag, dass das nicht wahr ist.“

„Ich wünschte, das wäre so“, sagte Kevin. Er wünschte es sich mehr, als alles andere, in diesem Moment.

Luna zog sich zurГјck und Kevin konnte sehen, wie sie sich bemГјhte, nicht zu weinen. Normalerweise war Luna gut dabei, nicht zu weinen. Jetzt aber konnte er sehen, dass es sie viel Selbstbeherrschung kostete.

„Das … wie lange?“, fragte sie.

„Sie sagen, vielleicht sechs Monate“, sagte Kevin.

„Und das war vor Tagen, also ist es jetzt noch weniger“, gab Luna zurück. „Und du musstest die ganze Zeit damit alleine umgehen und …“ Sie wurde wieder still, als das ganze Ausmaß sie traf.

Kevin konnte sehen, wie sie die Menschen auf dem Stausee anschaute, die mit ihren kleinen Booten fuhren und ihre Paddel durchs Wasser zogen. Sie schienen so glГјcklich hier. Sie starrte sie an, als wenn sie der Teil waren, den sie nicht glauben konnte, und nicht die Krankheit.

„Das ist nicht fair“, sagte sie. „All diese Menschen, die einfach so weitermachen, als wenn die Welt dieselbe ist, die Spaß haben, während du stirbst.“

Kevin lächelte traurig. „Was sollen wir sonst tun? Ihnen sagen, dass sie keinen Spaß mehr haben dürfen?“

Zu spät wurde ihm die Bedeutung seiner Worte bewusst, als Luna aufstand, ihre Hände an ihrem Mund zu einem Trichter formte und, so laut sie konnte, schrie.

„Hey, ihr alle da, ihr müsst aufhören. Mein Freund stirbt und ich verlange, dass ihr alle sofort aufhört, Spaß zu haben!“

Ein paar Menschen schauten sich um, aber niemand hörte auf. Kevin nahm an, dass das nicht der Punkt war. Luna stand für mehrere Sekunden da und dieses Mal, war er derjenige, der sie umarmte und sie festhielt, während sie weinte. Das geschah so selten, dass der reine Schock darüber Kevin erstarren ließ. Luna, die Leute anschrie, die sich auf eine Art und Weise verhielt, die man von jemandem wie ihr nicht erwarten würde, war normal. Lunas Zusammenbruch nicht.

„Fühlst du dich besser?“, fragte er nach einer Weile.

Sie schüttelte ihren Kopf. „Nicht wirklich. Was ist mit dir?“

„Na ja, es ist schön zu wissen, dass es da jemanden gibt, der versuchen würde, die Welt für mich anzuhalten“, erwiderte er. „Weißt du, was das Schlimmste ist?“

Luna schaffte ein weiteres Lächeln. „Nicht in der Lage zu sein, die Krankheit auszusprechen, die du hast?“

Kevin konnte das Lächeln nur zurückgeben. Er vertraute darauf, dass Luna wusste, dass sie so normal sein musste wie möglich und sich über ihn lustig machen sollte.

„Kann ich, ich kann üben. Das Schlimmste daran ist, dass all das heißt, dass mir niemand glaubt, wenn ich sage, dass ich Dinge sehe. Alle glauben, das ist einfach die Krankheit.“

Luna legte ihren Kopf schief. „Was für Dinge?“

Kevin erklärte ihr die merkwürdigen Landschaften, die er gesehen hatte, das Feuer, die diese sauber wischte, das Gefühl eines Countdowns.

„Das …“, begann Luna, als er fertig war, wusste aber nicht, wie sie es beenden sollte.

„Ich weiß, das ist verrückt … ich bin verrückt“, sagte Kevin. Sogar Luna glaubte ihm nicht.

„Du hast mich nicht ausreden lassen“, sagte Luna und atmete ein. „Das … ist so cool.“

„Cool?“, wiederholte Kevin. Das war nicht die Reaktion, die er erwartet hatte, auch nicht von ihr. „Jeder andere denkt, ich werde verrückt oder mein Gehirn schmilzt oder so.“

„Alle anderen sind dumm“, erklärte Luna − um fair zu sein, das schien ihre Standardeinstellung gegenüber der Menschheit zu sein. Für sie war jeder dumm, bis er das Gegenteil bewies.

„Du glaubst mir also?“, fragte Kevin. Sogar er war sich nicht mehr ganz so sicher, nach all dem, was die Ärzte ihm gesagt hatten.

Luna hielt ihn an seinen Schultern fest und sah ihm direkt in die Augen. Bei einem anderen Mädchen hätte Kevin vielleicht gedacht, dass sie ihn küssen würde. Aber nicht bei Luna.

„Wenn du mir sagst, dass diese Visionen echt sind, dann sind sie echt, ich glaube dir. Und in der Lage zu sein, die Welt von Aliens zu sehen, ist definitiv cool.“

Kevins Augen weiteten sich ein wenig dabei. „Warum glaubst du, dass es eine Alien-Welt ist?“

Luna trat mit einem Achselzucken zurück. „Was sollte es sonst sein?“

Als sie das fragte, bekam Kevin das GefГјhl, das sie genauso erstaunt davon war, wie er. Es gelang ihr nur besser, das zu verstecken.

„Vielleicht …“, sagte sie, „… vielleicht hat all das dein Gehirn verändert, sodass es eine direkte Leitung zu diesem Alien-Ort hat?“

Wenn Luna jemals Superkräfte erwerben würde, dann wäre es wahrscheinlich die Fähigkeit, große Schlüsse in einem einzigen Satz zu ziehen. Kevin gefiel das an ihr, besonders wenn das hieß, dass sie die einzige Person war, die ihm glaubte, aber dennoch fühlte es sich an, als wenn es viel zu entscheiden gäbe, sehr schnell.

„Du weißt, wie verrückt sich das anhört?“, fragte er.

„Nicht verrückter als der Gedanke, dass meinen Freund aus keinem guten Grund aus dieser Welt gerissen wird“, gab Luna zurück. Ihre Fäuste ballten sich auf eine Art zusammen, die erahnen ließ, dass sie gerne dagegen ankämpfen würde. Oder vielleicht presste sie sie auch nur so zusammen, damit sie nicht wieder weinen musste. Luna neigte dazu, sauer zu werden oder Witze zu machen oder verrückte Dinge zu tun, anstelle sich aufzuregen. In dem Moment konnte Kevin ihr keine Vorwürfe daraus machen.

Er sah zu, wie sie sich beruhigte und stattdessen ein Lächeln erzwang.

„Also, schreckliche Krankheit, coole Visionen von Alien-Welten … gibt es irgendwas, dass du mir noch nicht erzählt hast?“

„Ja, das mit den Zahlen“, sagte Kevin.

Luna schaute ihn mit offensichtlicher Genervtheit an. „Du verstehst schon, dass du hier nicht ja sagen solltest?“

„Ich wollte, dass du alles weißt“, sagte Kevin, obwohl er annahm, dass es dafür wahrscheinlich ein bisschen zu spät war. „Tut mir leid.“

„Okay“, sagte Luna. Wieder hatte Kevin das Gefühl, dass sie darum kämpfte, das alles zu verarbeiten. „Zahlen?“

„Ich sehe sie“, erklärte Kevin. Er wiederholte sie aus seinem Gedächtnis. „23h 06m 29.283s – 05° 02� 28.59“

„Okay“, sagte Luna. Sie schürzte ihre Lippen. „Ich frage mich, was sie bedeuten.“

Dass sie vielleicht gar nichts bedeuteten, schien ihr nicht einzufallen. Kevin liebte das an ihr. Sie holte ihr Handy heraus. „Es ist zu lang für ein Autokennzeichen und es wäre merkwürdig für ein Passwort. Was sonst?“

Kevin hatte nicht daran gedacht, zumindest nicht mit der Art von Direktheit, die Luna bei dem Problem anwandte.

„Vielleicht ist es wie eine Artikelnummer, eine Seriennummer?“, schlug Kevin vor.

„Aber es gibt Stunden und Minuten“, widersprach Luna. Sie schien sehr in dem Problem der Bedeutung gefangen zu sein. „Was noch?“

„Vielleicht eine Lieferzeit und eine Lage?“, schlug Kevin vor. „Der zweite Teil hört sich wie Koordinaten an.“

„Das ist nicht ganz richtig für einen Kartenhinweis“, sagte Luna. „Vielleicht, wenn ich es google dann … oh cool.“

„Was?“, fragte Kevin. Ein Blick auf Lunas Gesicht sagte, dass sie einen Volltreffer gelandet hatten.

„Wenn man diese Zahlenfolge in die Suchmaschine eingibt, dann erhält man nur Ergebnisse zu einer Sache“, erklärte Luna. Sie ließ das so sicher klingen. Sie drehte ihr Handy, um es ihm zu zeigen, die aufgelisteten Seiten waren alle Verweise auf eines: „Das Trappist 1 Sternensystem.“

Kevin konnte Aufregung fГјhlen. Noch mehr, er konnte fГјhlen, wie sich Hoffnung aufbaute. Er hoffte, dass das etwas bedeutete und das es nicht nur seine Krankheit war, egal was die anderen sagten. Er hoffte, dass das vielleicht wirklich echt war.

„Warum sollte ich Zahlen sehen?“, fragte er.

„Vielleicht weil das Trappist Systems eines ist, auf dem es wahrscheinlich Leben gibt?“, sagte Luna. „So wie es hier steht, gibt es mehrere Planeten dort, die anscheinend bewohnt sind.“

Sie sagte es, als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Der Gedanke an Planeten, auf dem es vielleicht Leben gab, schien zu sehr ein Zufall, da Kevin dieses Leben doch gesehen hatte. Oder ein merkwürdiges Leben zumindest.

„Du musst mit jemandem darüber sprechen“, forderte Luna. „Du bist … wie der erste Beweis für außerirdischen Kontakt oder so. Wer waren diese Menschen, diese Wissenschaftler, die nach außerirdischem Leben suchten? Ich habe mal etwas im Fernsehen über die gesehen.“

„SETI?“, fragte Kevin.

„Das sind sie“, sagte Luna. „Und sie sitzen in San Francisco oder San José oder so?“

Kevin hatte das nicht gewusst, aber je mehr er darГјber nachdachte, umso mehr zerrte die Idee an ihm.

„Du musst gehen Kevin“, sagte Luna. „Du musst zumindest mit ihnen reden.“


***

„Nein“, sagte seine Mutter und setzte ihre Tasse so schnell ab, dass der Kaffee darin überschwappte. „Nein, Kevin auf gar keinen Fall!“

„Aber, Mama –“

„Ich fahre dich nicht nach San Francisco, nur, damit du einen Haufen von Spinnern nerven kannst“, sagte seine Mutter.

Kevin hielt sein Handy hoch und zeigte ihr die Information von SETI darauf. „Sie sind nicht verrückt“, sagte er. „Das sind Wissenschaftler.“

„Wissenschaftler können auch verrückt sein“, erwiderte seine Mutter. „Und diese ganze Idee … Kevin kannst du nicht einfach akzeptieren, dass du Dinge siehst, die nicht da sind?“

Das war das Problem, es wäre zu leicht zu akzeptieren. Es wäre leicht, sich zu sagen, dass es nicht echt war, aber etwas nagte in seinem Hinterkopf, das ihm sagte, dass es eine schlechte Idee wäre, wenn er das täte. Der Countdown lief immer noch und Kevin nahm an, dass er mit jemandem darüber sprechen musste, der ihm glauben würde, ehe der Countdown zu Ende war.

„Mama, diese Zahlen, die ich sehe, … sie sind die Lage eines Sternensystems.“

„Es gibt so viele Sterne da draußen, dass ich mir sicher bin, dass eine zufällige Zahlenreihenfolge zu einem von ihnen passt“, antwortete seine Mutter. „Es wäre dasselbe wie die Masse an Sternen oder …oder ich weiß nicht genug über Sterne, dass mir noch mehr einfällt, aber es wäre irgendwie so etwas.“

„Das meine ich nicht“, sagte Kevin. „Ich meine, dass es genau dieselbe ist. Luna hat die Zahlen eingegeben und das Trappist 1 System war das Erste, was dabei herausgekommen ist. Das Einzige, was herausgekommen ist.“

„Ich hätte wissen müssen, dass Luna da mit drinhängt“, seufzte seine Mutter. „Ich mag das Mädchen, aber sie hat viel mehr Vorstellungskraft, als ihr guttut.“

„Bitte Mama“, sagte Kevin. „Das ist ernst.“

Seine Mutter legte ihre Hände auf seine Schultern. Seit wann musste sie dafür nach oben fassen? „Ist es nicht Kevin! Dr. Yalestrom hat gesagt, dass du Probleme hast, all das zu akzeptieren. Du musst verstehen, was hier los, ist und ich muss dir helfen, das zu akzeptieren.“

„Ich weiß, dass ich sterbe, Mama“, sagte Kevin. Er hätte das nicht so sagen sollen, denn er konnte die Tränen in den Augen seiner Mutter sehen.

„Weißt du das? Denn das –“

„Ich werde einen Weg finden, um dort hinzukommen“, versprach Kevin. „Ich nehme den Bus, wenn es sein muss. Ich nehme den Zug in die Stadt und laufe. Ich muss zumindest mit ihnen sprechen.“

„Und ausgelacht werden?“ Seine Mutter zog sich zurück und schaute ihn nicht an. „Du weißt, dass das passieren wird, richtig, Kevin? Ich versuche nur, dich zu beschützen.“

„Ich weiß, dass du das willst“, sagte Kevin. „Und ich weiß, dass sie mich wahrscheinlich auslachen werden, aber ich muss es zumindest versuchen, Mama. Ich habe das Gefühl, dass dies wirklich wichtig ist.“

Er wollte noch mehr sagen, aber er war sich nicht so sicher, ob das helfen wГјrde. Seine Mutter war ruhig, sie dachte nach und im Moment war das das Beste, worauf Kevin hoffen konnte. Sie dachte weiter nach, ihre Hand klopfte auf die KГјchentheke und markierte die Zeit, bis sie einen Entschluss gefasst hatte.

Kevin hörte seine Mutter seufzen.

„Okay“, sagte sie. „Ich mache es. Ich fahre mit dir, aber nur, weil ich annehme, dass ich sonst einen Anruf von der Polizei bekommen werde, die mir sagt, dass mein Sohn irgendwo im Bus zusammengebrochen ist.“

„Danke Mama“, sagte Kevin und ging auf sie zu, um sie zu umarmen.

Er wusste, dass sie ihm nicht wirklich glaubte, aber auf eine Art machte dies den Beweis ihrer Liebe noch beeindruckender.




KAPITEL FГњNF


Es dauerte eine Stunde von Walnut Creek bis zum SETI-Institut in Mountain View, aber fГјr Kevin fГјhlte es sich wie eine Ewigkeit an. Der Verkehr in der Stadt kroch durch Baustellen und Umleitungen; jeder Moment war eine Verschwendung, wenn er dort sein konnte, wenn er herausfinden konnte, was mit ihm los war. Sie wГјrden es wissen, da war er sich sicher.

„Versuche nicht zu aufgeregt zu sein“, warnte seine Mutter ihn zum gefühlten zwanzigsten Mal. Kevin wusste, dass sie nur versuchte, ihn zu beschützen, aber dennoch wollte er seine Aufregung nicht dämpfen. Er war sich sicher, dass dies hier der Ort wäre, wo er herausfinden würde, was mit ihm los war. Hier waren Wissenschaftler, die außerirdisches Leben beobachteten. Sicherlich würden sie alles darüber wissen?

Als sie dort ankamen, war das Institut jedoch nicht das, was er erwartet hatte. 189 Bernardo Avenue sah mehr wie eine Kunstgalerie oder wie ein Teil einer Universität aus, als die Art von Ultra-modernem Gebäude, das Kevins sich ausgemalt hatte. Er hatte Gebäude erwartet, die aussahen, als wenn sie aus dem Weltall kamen, aber stattdessen sahen sie aus wie die teure Version von der Art Gebäude, in der seine Schule untergebracht war.

Sie fuhren darauf zu und parkten vor dem Gebäude. Kevin nahm einen tiefen Atemzug. Auf geht�s. Sie gingen in die Lobby, wo eine Frau sie anlächelte und es schaffte, das in eine Frage zu verwandeln, sogar noch, ehe sie zu sprechen begann.

„Hallo, sind Sie sicher, dass Sie hier am richtigen Ort sind?“

„Ich muss mit jemandem über Alien-Signale sprechen“, sagte Kevin bestimmt, noch ehe seine Mutter versuchen konnte, es zu erklären.

„Es tut mir leid“, sagte die Frau. „Wir machen keine öffentlichen Führungen.“

Kevin schüttelte seinen Kopf. Er wusste, dass er ihr das erklären musste. „Ich bin nicht wegen einer Führung hier“, begann er. „Ich glaube … ich glaube, ich erhalte eine Art Signal von Außerirdischen.“

Die Frau sah ihn nicht schockiert oder ungläubig an, wie andere Menschen es vielleicht getan hätten oder überrascht wie seine Mutter, als er ihr das offenbart hatte. Das hier war eher ein resignierter Blick, als ob sie solche Dinge öfter hören würde, als es ihr lieb war.

„Ich verstehe“, sagte sie. „Leider sind wir nicht befugt mit Menschen zu sprechen, die einfach von der Straße hereinkommen. Wenn Sie uns per E-Mail kontaktieren wollen, dann werden wir das sicherlich überdenken, aber im Moment …“

„Komm, Kevin“, sagte seine Mutter. „Wir haben es versucht.“

Zu seiner eigenen Überraschung schüttelte Kevin jedoch seinen Kopf. „Nein, ich gehe nicht.“

„Kevin, du musst gehen“, drängte seine Mutter.

Kevin setzte sich direkt in die Mitte der Lobby. Der Teppich war nicht besonders bequem, aber das war ihm egal. „Ich gehe nirgendwo hin, bis ich nicht mit jemandem darüber gesprochen habe.“

„Moment einmal, das geht nicht“, widersprach die Dame am Empfang.

„Ich gehe nirgendwo hin“, erklärte Kevin.

„Kevin …“, begann seine Mutter.

Kevin schГјttelte seinen Kopf. Er wusste, dass es kindisch war, aber er war dreizehn und seiner Meinung nach durfte er das. AuГџerdem war das wichtig. Wenn er jetzt ging, war es vorbei. Das wГјrde er nicht zulassen.

„Steh auf oder ich rufe den Sicherheitsdienst“, sagte die Empfangsdame. Sie kam zu ihm und nahm ihn fest am Arm.

Sofort lenkte seine Mutter ihre Aufmerksamkeit von ihm zu der Empfangsdame. „Nehmen Sie Ihre Hände von meinem Sohn, sofort.“

„Dann sehen Sie zu, dass Ihr Sohn aufsteht und geht, ehe ich die Polizei rufe.“ Die Rezeptionistin ließ ihn dennoch los, obwohl das vielleicht auch etwas mit dem Blick zu tun hatte, dem seine Mutter ihr zuwarf. Kevin hatte das Gefühl, dass jetzt, wo sie einen Grund hatte, ihren Sohn zu beschützen, würde seine Mutter es tun, was immer es kostete.

„Drohen Sie uns nicht mit der Polizei. Kevin fügt niemandem Schaden zu.“

„Glauben Sie, hier kommen nicht andauernd Verrückte herein?“

„Kevin ist nicht verrückt!“, rief seine Mutter, in einer Lautstärke, die sie normalerweise an Kevin richtete, wenn er etwas wirklich Schlimmes angestellt hatte.

In den nächsten Minuten wurde mehr gestritten, als Kevin lieb war. Seine Mutter rief ihm zu, er solle aufstehen. Die Rezeptionistin schrie, dass sie den Sicherheitsdienst rufen würde. Sie schrien sich gegenseitig an, da Kevins Mutter entschieden hatte, dass sie nicht wollte, dass jemand ihrem Sohn mit dem Sicherheitsdienst drohte und die Frau schien anzunehmen, dass diese Mutter nicht in der Lage war, Kevin zum Gehen zu bewegen. Kevin saß währenddessen die ganze Zeit mit überraschender Gleichgültigkeit da.

Es machte ihn müde und in diesen Tiefen, sah er etwas …

Die kühle Dunkelheit eines Raumes war um ihn, Sterne blitzen und die Erde sah so anders aus von oben, dass es Kevin fast den Atem nahm. Es gab ein silbernes Objekt, das dort im Weltraum schwebte, eines von so vielen, die im Weltraum unterwegs waren. Die Worte Pioneer 11 waren auf der Seite eingeprägt.

Dann lag er auf dem SET1 Institutsboden und seine Mutter half ihm auf, zusammen mit der Rezeptionistin.

„Ist er okay?“, fragte die Rezeptionistin. „Soll ich einen Krankenwagen rufen?“

„Nein, mir geht’s gut“, antwortete Kevin.

Seine Mutter schüttelte den Kopf. „Wir wissen, was mit ihm los ist. Mein Sohn stirbt. All das hier … ich dachte, es würde ihm helfen die Tatsache zu akzeptieren, dass das, was er sieht, nicht echt ist, dass es die Krankheit ist.“

So gesehen fühlte es sich wie Betrug an, als ob Kevins Mutter es geplant hatte, dass seine Träume so plötzlich zerplatzen.

„Ich verstehe“, sagte die Rezeptionistin. „Okay, komm hoch Kevin. Kann ich Ihnen beiden irgendetwas bringen?“

„Ich will nur mit jemandem reden“, antwortete Kevin.

Die Empfangsdame biss sich auf die Lippe und nickte dann. „Okay, ich schaue mal, was ich tun kann.“

Einfach so hatte sich ihr ganzes Verhalten geändert.

„Warten Sie hier. Setzen Sie sich. Ich werde sehen, ob es jemanden gibt, der zumindest mit dir reden oder dich herumführen kann. Auch, wenn es nicht wirklich viel zu sehen gibt.“

Kevin setzte sich zu seiner Mutter. Er wollte ihr alles erzählen, was er gerade gesehen hatte, aber er konnte in ihrem Gesicht sehen, dass es sie nur verletzen würde. Stattdessen wartete er stumm.

Endlich kam eine Frau heraus. Sie war in ihren frühen Fünfzigern, in einem schwarzen Anzug gekleidet, der vermuten ließ, dass sie Meetings hatte, bei denen lässige Kleidung nicht angemessen wäre. Etwas an ihr sagte ihm, dass sie eine Wissenschaftlerin war – vielleicht etwas an dem neugierigen Blick, mit der sie Kevin anschaute. Sie gab erst seiner Mutter die Hand und dann Kevin.

„Hallo Kevin“, sagte sie. „Ich bin Dr. Elise Levin. Ich bin die Direktorin des Instituts.“

„Sie sind die Direktorin?“, fragte Kevin und Hoffnung stieg in ihm auf. „Von dieser ganzen Alien-Forschung?“

Sie lächelte ein wenig amüsiert. „Ich glaube, das ist ein wenig drastisch ausgedrückt. Die meiste Forschung nach außerirdischem Leben findet woanders statt. Die NASA bietet Daten, einige Universitäten sind involviert und wir mieten uns oft Zeit an anderen Teleskopen. Aber ja, ich leite das Institut und bin verantwortlich für die Dinge, die hier vor sich gehen.“

„Dann muss ich Ihnen etwas sagen“, sagte Kevin. Er sprach schneller, als wollte er versuchen, die Worte herauszubekommen, ehe diese Erwachsene Zeit hatte, ihm nicht zu glauben. „Etwas passiert. Ich weiß, wie merkwürdig sich das anhört, aber ich habe Dinge gesehen, es gibt eine Art Countdown …“

Wie konnte er den Countdown erklären? Es war nicht wie Zahlen, es gab keinen offensichtlichen Punkt, der das Ende markierte. Es gab nur ein schwaches Pochen, mit dem Signal in seinem Kopf, das immer beständiger wurde, schon fast schneller, während es um etwas herum arbeitete, was Kevin nicht erkennen konnte.

„Warum erzählst du mir nicht davon, während wir uns umsehen?“, schlug Dr. Levin vor. „Ich zeige dir, was wir hier machen.“

Sie führte Kevin und seine Mutter durch die Korridore des Instituts und um ehrlich zu sein, hatte Kevin gedacht, dass es aufregender sein würde. Er hatte gedacht, es würde weniger wie ein Bürogebäude aussehen.

„Ich dachte, hier gäbe es große Teleskope oder Labore voll mit Ausrüstungen, um Dinge aus dem Weltall zu testen“, sagte Kevin.

Dr. Levin zuckte die Achseln. „Wir haben einige Labore und wir testen manchmal Material, aber wir haben keine Teleskope. Wir arbeiten jedoch mit Berkeley zusammen, um ein eigenes Radioteleskop zu bauen.“

„Wie suchen Sie dann nach Außerirdischen?“, fragte Kevins Mutter. Sie schien genauso überrascht von dem Fehlen eines Riesen-Teleskops und von Abhör-Einrichtungen, wie Kevin.

„Wir arbeiten mit anderen Instituten zusammen“, erklärte Dr. Levin. „Wir erbeten oder erkaufen Zeit an Teleskopen und Sensoren. Wir arbeiten mit Daten von der NASA. Wir schlagen ihnen Orte vor, die sie sich vielleicht näher betrachten sollen oder die Art von Daten, die sie vielleicht sammeln sollten. Es tut mir leid, ich weiß, es ist nicht so aufregend, wie die Allgemeinheit manchmal glaubt. Hier entlang, bitte kommen Sie mit.“

Sie ging zu einem Büro, das zumindest ein wenig interessanter aussah, als die anderen. Es hatte mehrere Computer, viele der Poster bezogen sich auf das Solarsystem, ein paar Magazine, welche SETIs Arbeit erwähnten und einige Möbel sahen so aus, als wären sie ergonomisch, stilvoll und ungefähr so bequem wie ein Ziegelstein.

„Lass mich dir ein paar Dinge zeigen, an denen wir arbeiten“, sagte Dr. Levin und rief Bilder von großen Teleskop-Arrays auf, die gerade gebaut wurden. „Wir planen die Entwicklung von Radioteleskop-Arrays, die möglicherweise stark genug sind, um Funkfrequenzen aus der Umgebung aufzunehmen, anstatt nur darauf zu warten, dass jemand uns mit einem Signal anvisiert.“

„Aber ich denke, jemand signalisiert uns“, sagte Kevin. Er musste sie dazu bringen, es zu verstehen.

Dr. Levin hielt inne. „Ich wollte dich fragen, ob du dich auf die Theorie einiger Leute beziehst, das hochfrequente Radiobündel von einem Pulsar vielleicht verständliche Signale sind, aber das tust du nicht, oder?“

„Ich habe Dinge gesehen“, sagte Kevin. Er versuchte, das mit den Visionen zu erklären. Er erzählte ihr von der Landschaft, die er gesehen hatte und von dem Countdown.

„Ich verstehe“, sagte Dr. Levin. „Aber ich muss dich etwas fragen, Kevin. Du verstehst, dass SETI daran arbeitet, diese Themen mit wissenschaftlichen Methoden zu erforschen und anerkannte Beweise zu erbringen? Das ist der einzige Weg, um sicher zu sein, dass alles was wir finden, wissenschaftlich belegt und echt ist. Also muss ich dich fragen, Kevin woher weißt du, dass das was du siehst, echt ist?“

Kevin hatte das bereits mit Luna zusammen beantwortet. „Ich habe Zahlen in meiner Vision gesehen. Als ich im Internet nach ihnen gesucht habe, hat sich herausgestellt, dass sie die Position für etwas, was sich das ‚Trappist 1 System� nennt, sind.“

„Einer der vielversprechendsten Kandidaten für außerirdisches Leben“, sagte Dr. Levin. „Dennoch, Kevin verstehst du mein Problem? Du hast gesagt, du hast diese Nummern gesehen und ich glaube dir, aber vielleicht hast du sie gesehen, weil du sie irgendwo gelesen hast. Ich kann darauf basierend keine SETIs Ressourcen umleiten und ich bin mir nicht sicher, ob wir überhaupt etwas tun könnten, wenn es um das Trappist 1 System geht. Für so etwas bräuchten wir etwas Neues. Etwas, was man nicht auf anderen Wegen auch bekommen kann.“

Kevin merkte, dass sie versuchte, ihn so behutsam wie möglich abzuweisen, aber dennoch tat es weh. Wie konnte er ihnen den Beweis bringen? Dann dachte er darüber nach, was er in der Lobby gesehen hatte. Er hatte das aus einem bestimmten Grund gesehen, oder?

„Ich glaube …“ Er war sich nicht sicher, ob er das sagen sollte oder nicht, aber er wusste, er musste es sagen. „… ich glaube, Sie werden ein Signal von etwas, was sich Pioneer 11 nennt erhalten.“

Dr. Levin sah ihn ein paar Sekunden lang an. „Es tut mir leid Kevin, aber das hört sich nicht sehr wahrscheinlich an.“

Kevin sah seine Mutter die Stirn runzeln. „Was ist Pioneer 11?“

„Es ist eine der Weltraumsonden, die die NASA ins All geschickt hat“, erklärte Dr. Levin. „Sie ist durch unser Solarsystem geflogen, hat Daten zurückgeschickt und hatte ausreichend Geschwindigkeit, um es hinter die Grenzen unseres Solarsystems zu schaffen. Leider war der letzte Kontakt, den wir mit ihr hatten im Jahr 1995, also glaube ich nicht –“

Sie hielt inne, als ihr Handy zu klingeln begann, sie nahm es heraus und wollte den Anruf erst ignorieren. Kevin bemerkte den kurzen Moment, als sie innehielt und darauf starrte.

„Es tut mir leid, ich muss da rangehen“, sagte sie. „Ja, hallo, was ist los? Kann es einen Moment warten, ich bin gerade inmitten … okay, wenn es so dringend ist. Ein Signal? Sie rufen mich an, weil die NASA Daten hereinbekommen hat? Aber die NASA hat immer …“ Sie machte erneut eine Pause und sah ungläubig zu Kevin herüber. Dennoch sagte sie es. „Darf ich raten?“, sagte sie ins Handy. „Sie hatten gerade ein Signal von einer Art Pioneer 11? Wirklich? Nein, das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie mir glauben würden, wenn ich es täte.“

Sie legte auf und starrte Kevin an, als wГјrde sie ihn zum ersten Mal sehen.

„Wie hast du das gemacht?“, fragte sie.

Kevin zuckte zusammen. „Ich habe es gesehen, als wir in der Lobby gewartet haben.“

„Du hast es gesehen? So, wie du auch diese Alien-Landschaft gesehen hast?“ Dr. Levin starrte ihn an und Kevin hatte das Gefühl, als würde sie versuchen, etwas herauszufinden. Wahrscheinlich versuchte sie herauszufinden, wie er gemogelt oder wie er es vor ihr herausgefunden hatte.

Es dauerte fast eine Minute, ehe sie einen Entschluss traf.

„Ich glaube“, sagte Dr. Levin in dem vorsichtigen Ton von jemandem, der versuchte, sicherzugehen, dass sie nicht verrückt geworden war, „du kommst besser mit mir mit.“




KAPITEL SECHS


Kevin und seine Mutter folgten Dr. Levin vom SETI-Bürogebäude zu einem Auto, das viel zu klein aussah, um jemanden in ihrer Position zu gehören.

„Es ist sehr umweltfreundlich“, erklärte sie, in einem Ton, der sagte, dass ihr diese Frage viel zu oft gestellt wurde. „Kommen Sie, es wird einfacher sein, wenn ich Sie beide dorthin fahre. Sie sind dort recht streng mit den Sicherheitsvorschriften.“

„Wohin denn?“, fragte Kevins Mutter.

„Zur NASA.“

Kevin hielt den Atem an. Sie wГјrden mit den Leuten von der NASA sprechen? Wenn es um AuГџerirdische ging, dann war das noch besser als SETI.

Die Fahrt durch Mountain View war kurz und dauerte nur ein paar Minuten. Dennoch reichte sie für Kevin, um aus dem Fenster auf die Gebäude der hoch entwickelten Unternehmen zu starren, die sich in dem Bereich befanden, offensichtlich dort von der NASA und Berkely wegen der Anwesenheit von so vielen schlauen Menschen an einem Ort angesiedelt.

„Wir gehen wirklich zur NASA?“, fragte Kevin. Er konnte es nicht so recht glauben, was seltsam war, wenn man all die Dinge bedachte, die er in den letzten Tagen glauben musste.

Der NASA-Campus war alles, was das SETI-Gebäude nicht gewesen war. Es war groß, streckte sich über mehrere Gebäude und lag an einem Ort, von dem man auf die umgebenen Berge und die Bucht schauen konnte. Es gab ein Besucherzentrum in Form eines Zeltes, unglaublich groß, mit einer ungewöhnlichen Form, strahlend weiß und mit dem NASA-Logo bemalt. Sie fuhren jedoch daran vorbei und zu einem Bereich, der für die Öffentlichkeit gesperrt war, mit einem Maschendrahtzaun und einer Schranke, an der Dr. Levin einen Ausweis vorzeigen musste, um hineinzukommen.

„Ich werde erwartet“, sagte sie.

„Und wer sind die, Ma’am?“, fragte der Wachmann.

„Das ist Kevin McKenzie und seine Mutter“, erwiderte Dr. Levin. „Sie gehören zu mir.“

„Sie sind nicht auf der –“

„Sie gehören zu mir“, wiederholte Dr. Levin und zum ersten Mal hatte Kevin eine Ahnung von der Härte, die ihre Position mit sich brachte. Der Wachmann zögerte einen Moment und stellte dann ein paar Besucherpässe aus, die Dr. Levin ihnen überreichte. Kevin hing seinen um seinen Hals und es fühlte sich wie eine Trophäe, ein Talisman, an. Damit konnte er überall hingehen. Damit glaubten ihm die Menschen tatsächlich.

„Wir müssen in den Forschungsbereich gehen“, sagte Dr. Levin. „Bitte seien Sie vorsichtig und fassen Sie nichts an, einige der Experimente sind sehr knifflig.“

Sie führte sie in das Gebäude, das hauptsächlich aus einem Stahlgerippe und Glas bestand. Das war die Art von Ort, den Kevin erwartet hatte, als er nach Mountain View gekommen war. So sollte ein Ort, der Weltraumforschung betreibt, aussehen. Es gab Labore auf beiden Seiten, mit der Art von fortschrittlicher Ausrüstung darin, die vermuten ließ, dass sie fast alles untersuchen konnte, was das Weltall ihnen gab. Es gab Laser und Computer, Labortische und Geräte, die für chemische Untersuchungen ausgelegt waren. Es gab Werkstätten voller Schweißausrüstung und Teile, die vielleicht für Autos bestimmt waren, aber Kevin wollte gern glauben, dass es Fahrzeuge für andere Planeten waren.

Dr. Levin fragte herum, während sie liefen, anscheinend versuchte sie herauszufinden, wer mit den Neuigkeiten über die Pioneer 11 Nachricht vertraut war. Wann immer sie an jemandem vorbeikamen, hielt sie an und es schien für Kevin, als wenn sie hier jeden kannte. SETI schien zwar getrennt von all dem zu arbeiten, so wie sie gesagt hatte, aber es war offensichtlich, dass Dr. Levin hier viel Zeit verbrachte.

„Hey Marvin, wo sind denn alle?“, fragte sie einen bärtigen Mann in einem karierten Shirt.

„Die meisten sind im Zentrum für Supercomputer-Forschung“, sagte er. „Bei so etwas, wie dem hier wollen sie sehen, was die Kisten hervorbringen werden.“

„Die Kisten?“, fragte Kevin.

Dr. Levin lächelte. „Du wirst schon sehen.“

„Wer sind die?“, fragte der bärtige Mann.

„Wie würdest du reagieren, wenn ich dir sage, dass Kevin hier Außerirdische sehen kann?“, fragte Dr. Levin.

Marvin lachte. „Du kannst versuchen, dem Ruf der verrückten Alien-Jägerin so viel gerecht zu werden, wie du willst, Elise. Du bist genauso skeptisch wie der Rest von uns.“

„Dabei vielleicht nicht“, erwiderte Dr. Levin. Sie schaute zurück zu Kevin und seiner Mutter. „Hier entlang.“

Sie ging voran in einen anderen Teil des Gebäudes und jetzt sah Kevin die extra Sicherheitsmaßnahmen mit ID-Scanner und Kameras an fast jeder Ecke. Noch mehr, es war wahrscheinlich der sauberste Ort, an dem er je gewesen war. Viel sauberer als zum Beispiel sein Kinderzimmer. Es schien, dass nicht ein bisschen Staub hier hereinkommen durfte, erst recht keine Haufen von dreckiger Kleidung, welche sein Zimmer solange füllten, bis seine Mutter ihm sagte, er solle aufräumen.

Die Labore waren größtenteils leer im Moment und das auf eine Art, die besagte, dass sie eilig verlassen wurden, weil etwas Aufregenderes passiert war. Es war einfach zu sehen, wohin die Menschen gegangen waren. Die Menschen versammelten sich auf den Fluren, als die Drei ihrem Ziel näherkamen, sie tauschten Gerüchte aus, von denen Kevin ein paar Worte aufschnappen konnte.

„Es gibt ein Signal, ein aktuelles Signal.“

„Nach all dieser Zeit.“

„Es sind keine Telemetrie-Daten oder sogar Scans. Da ist etwas … anderes.“

„Wir sind da“, sagte Dr. Levin, als sie an einem Raum ankamen, bei dem die Tür offengelassen worden war, offensichtlich damit die Menschenmenge sich hineindrängen konnte. „Lasst uns bitte durch. Wir müssen zu Sam.“

Da entpuppte sich als großer Raum, gefüllt mit blinkenden Lichtern am Boden und unterteilt in Ränge, die ihn ein wenig wie ein Theater erscheinen ließen, indem die Schauspieler allerdings Computer waren. Kevin erkannte sie als Computer, obwohl sie nichts mit dem kleinen, kaum funktionierenden Laptop zu tun hatten, den seine Mutter gekauft hatte, damit er Schularbeiten machen konnte. Das waren Geräte von der Größe von Couchtischen, Autos, Zimmern, die alle mattschwarz waren und glitzernde Lichter hatten. Die Menschen, die in der Nähe standen oder saßen, trugen Overalls wie die Gerichtsmediziner im Fernsehen.

„Beeindruckt?“, fragte Dr. Levin.

Kevin konnte nur nicken. Er hatte keine Wörter für so einen Ort. Es war … unglaublich.

„Was ist das hier für ein Ort?“, fragte seine Mutter und Kevin wusste nicht, ob das gut war oder nicht, dass nicht einmal seine Mutter das zu verstehen schien.

„Hier macht die NASA ihre Computer-Forschungen“, erklärte Dr. Levin. „Sie arbeiten an AI, Quanten-Computing, fortgeschrittenen Supraleitern. Es ist auch die Ausrüstung, die sie bei … komplexeren Themen nutzen. Kommen Sie, wir müssen zu Sam.“

Sie ging durch die Menge voran und Kevin folgte ihr, versuchte schnell genug zu sein, um sich durch die Lücken zu drücken, die sie schuf, ehe sie sich wieder schlossen. Er eilte in ihrem Schatten bis sie zu einem großen, leicht stoischen Mann kamen, der an einem der Computer stand. Anders als die anderen trug er keinen Overall. Seine langen, knochigen Finger schienen sich in Knoten zu verwandeln, während er tippte.

„Professor Brewster“, sagte Dr. Levin

„Dr. Levin, ich freue mich, dass … warten, Sie haben Besucher mitgebracht. Das ist nicht wirklich der Moment für Sightseeing, Elise.“

Wenn Dr. Levin sich darüber ärgerte, dann zeigte sie es nicht. „David, das sind Kevin McKenzie und seine Mutter. Sie sind nicht hier zum Sightseeing. Ich glaube, dass Kevin eventuell ganz hilfreich hierbei sein kann. Wir müssen Sam sehen.“

Professor Brewster deutete mit der Hand auf das Gerät vor ihnen. Es war sogar größer als er, mit Schläuchen, die an den Seiten hoch liefen, die so kalt waren, dass sie Dampf in die Luft stießen. Erst da sah Kevin ein Schild an der Seite, ‚Signal Analyse Machine� und er erkannte, dass Sam nicht der Name einer Person, sondern ein Akronym war.

„Sie wollen ein Kind mit einem Multi-Million-Dollar teurem Stück Technik spielen lassen?“, fragte Professor Brewster. „Ich meine, er ist wie alt? Zehn?“

„Ich bin dreizehn“, sagte Kevin. Der Unterschied bedeutete für jemanden in Professor Brewster Alter vielleicht nichts, aber für ihn war es ein Viertel seines Lebens. Es war mehr Leben, als er übrighatte. So gesehen waren drei Jahre eine ganze Menge.

„Na ja, ich bin dreiundvierzig, ich habe einen Doktortitel aus Princeton, ein Gebäude voller oft unmöglicher Genies, die ihre Arbeit erledigen sollten“ – er schaute sich gezielt im Raum um, aber niemand bewegte sich – „und jetzt anscheinend einen Dreizehnjährigen,  der an meinem Supercomputer spielen will, gerade wenn der im Begriff steht, auf ein Signal von einer Sonde zu reagieren, die wir lange für tot hielten.“

Er schien wie ein Mann, dem Stress nicht so wirklich gefiel. Kevin nahm an, dass das wahrscheinlich ein Nachteil in seinem Job war.

„Kevin ist wegen des Signals hier“, sagte Dr. Levin. „Er … na ja er hat vorausgesagt, dass das passieren wird.“

„Unmöglich“, sagte Professor Brewster. „Elise, du weißt, dass ich deine Bemühungen, die SETI-Forschung im Bereich der seriösen Wissenschaft zu halten, immer respektiert habe, aber das scheint in die völlig entgegengesetzte Richtung zu gehen. Es ist offensichtlich ein Trick.“

Dr. Levin seufzte. „Ich weiß, was ich gesehen habe David. Er hat mir gesagt, dass etwas mit Pioneer 11 passieren wird und dann haben wir ein Signal bekommen. Würdest du es wenigstens für uns abspielen?

„Oh, na schön“, sagte Professor Brewster. Er deutete auf einen der Wissenschaftler, die um den Supercomputer herum arbeiteten. „Spiel es ab, damit wir mit unserer Arbeit weiter machen können.“

Der Wissenschaftler nickte und klickte ein paar Mal auf die Steuerkonsole. Daten erschienen auf dem Bildschirm in Reihen von Nummern, aber Kevin war mehr an dem Audio-Signal interessiert, das dabei entstand. Es war ein merkwürdiges mechanisches Geräusch, das sich nicht wie eine Sprache anhörte, eher wie eine Art von Störung, die vielleicht davon kam, dass ein Computer nicht richtig lief.

Dennoch verstand er es. Er wusste einfach nur nicht wie.

„Sie müssen eines ihrer Radioteleskope anpassen“, gab Kevin das wieder, was in seinem Kopf auftauchte. Da waren auch Zahlen. Zwei Reihen davon, eine geringfügig anders, als die andere. „Ich glaube … das Erste ist irgendwie falsch und das Zweite ist so, wie es sein sollte.“

„Was?“, fragten Professor Brewster und Dr. Levin fast gleichzeitig, gleichwohl mit sehr unterschiedlichen Mienen. Dr. Levin sah begeistert aus, Professor Brewster eher irritiert.

„Das ist, was es bedeutet“, sagte Kevin. Er zuckte die Achseln. „Ich meine, ich glaube das. Ich weiß nicht, woher ich das weiß.“

„Du weißt es nicht“, bestand Professor Brewster darauf. „Wenn es überhaupt eine Bedeutung dabei gibt, was ehrlich gesagt nicht sehr wahrscheinlich ist, dann wird SAM Stunden brauchen, um es zu entschlüsseln, wenn es überhaupt möglich ist.“

„Ich habe doch gerade gesagt, was es heißt“, sagte Kevin erneut. „Ich kann … es ergibt einfach Sinn für mich.“

„Du solltest ihn anhören, David“, sagte Dr. Levin. „Suche zumindest nach den Zahlen, um zu sehen, ob sie etwas bedeuten. Kannst du sie aufschreiben, Kevin?“

Sie hielt Kevin ein Blatt Papier und einen Stift hin und Kevin notierte die Zahlen, so ordentlich er konnte. Er hielt sie Professor Brewster hin, der sie schlecht gelaunt entgegennahm.




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